Moosburger Seniorenbeiratsvorsitzende gegen Gesetzentwurf:"Entmündigung der älteren Bürgerinnen und Bürger"

Moosburger Seniorenbeiratsvorsitzende gegen Gesetzentwurf: Barrierefreiheit, Pflegenotstand, Teilhabe an der Gesellschaft - die Landesseniorenvertretung sieht sich in vielen Bereichen als unabhängige Interessensvertretung älterer Menschen. Nun bangt sie um ihr Mitspracherecht.

Barrierefreiheit, Pflegenotstand, Teilhabe an der Gesellschaft - die Landesseniorenvertretung sieht sich in vielen Bereichen als unabhängige Interessensvertretung älterer Menschen. Nun bangt sie um ihr Mitspracherecht.

(Foto: Jens Büttner/dpa)

Dagmar Seghutera, auch Vorstandsmitglied der Landesseniorenvertretung, kritisiert, dass eben diese nach den Plänen der bayerischen Staatsregierung abgeschafft werden soll.

Von Alexander Kappen, Moosburg

Es sei wichtig, so steht es auf der Internetseite des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales, "älteren Menschen einen Platz im Wirtschafts- und Arbeitsleben sowie im sozialen und politischen Leben einzuräumen, der den demografischen Veränderungen angemessen ist". Ebenso wichtig sei es, "Rahmenbedingungen für eine aktive Mitgestaltung zu schaffen, denn zahlreiche ältere Menschen leisten einen wichtigen Beitrag zum Funktionieren des Gemeinwesens".

Eine zentrale Rolle kommt dabei der unabhängigen Landesseniorenvertretung Bayern (LSVB) als überparteilicher Dachorganisation der kommunalen Seniorenvertretungen zu. Doch eben diese soll durch ein Seniorenmitwirkungsgesetz der bayerischen Regierungsparteien CSU und Freie Wähler abgeschafft werden - was Dagmar Seghutera, Vorsitzende des Moosburger Seniorenbeirats und Vorstandmitglied der LSVB, in einem öffentlichen Schreiben jetzt vehement kritisiert.

"Die unabhängige und demokratischen Vertretung der bayerischen Seniorinnen und Senioren soll laut dem Gesetzentwurf der Bayerischen Staatsregierung abgeschafft werden", schreibt sie. Das komme einer Entmündigung der Seniorinnen und Senioren gleich. Bislang verfügten diese "über eine vom Staatsministerium geförderte unabhängige Landesseniorenvertretung". Staatsfern greife sie die vielfältigen Probleme der älteren Generation und der alternde Gesellschaft auf und setze sich für Lösungen ein. Als Beispiele nennt Seghutera Pflegenotstand, Altersarmut, Teilhabe in der Gesellschaft und Barrierefreiheit.

Der 2010 abgeschaffte Landesseniorenrat soll ein Comeback feiern

Im Jahr 2009 war die Zusammenführung der LSVB und des Landesseniorenrats zu einer wirkungsvollen Interessenvertretung beschlossen worden, der Landesseniorenrat wurde also abgeschafft. "Im Jahr 2010 wurde die Neuorganisation umgesetzt und die bisherige Geschäftsstelle personell mit einer Geschäftsführung verstärkt", ist auf der Website des Sozialministeriums zu lesen. Nach den Eckpunkten des neuen Gesetzentwurfs soll der einst abgeschaffte Landesseniorenrat sein Comeback feiern. Zudem sollen eine Landesversammlung und ein achtköpfiger Vorstand gebildet werden. Alle zusammen sollen die Stelle der Landesseniorenvertretung einnehmen, heißt es in einer Pressemitteilung der LSVB vom Juni dieses Jahres.

"Die Bayerische Staatsregierung, getragen von CSU und Freien Wählern, plant in dem neuen Gesetz, die Geschäftsstelle der Landesseniorenvertretung nicht mehr mit unabhängigen Seniorenvertretern zu besetzen, sondern mit weisungsgebundenen Mitarbeitern der Staatsregierung", kritisiert die Moosburger Seniorenbeiratsvorsitzende Seghutera in ihrem aktuellen Schreiben. Eine Einbindung des zu bildenden Landesseniorenrates in die Personalauswahl sei nicht vorgesehen. Die Erstellung einer Geschäftsordnung werde nur im Einvernehmen mit dem zuständigen Ministerium möglich sein. "Die Staatsregierung lässt sich diese neue Struktur gut das Fünffache der bisherigen Fördersumme für die Seniorenvertretung kosten. Dafür sollten unsere Steuermittel nicht ausgegeben werden", meint Seghutera.

Direkte Mitsprache werde "durch eine staatliche Vormundschaft" ersetzt

Für die Zukunft malt sie ein düsteres Bild: "Sollte das Gesetz entsprechend der Vorlage verabschiedet werden, findet eine unabhängige Vertretung der bayerischen Seniorinnen und Senioren nicht mehr statt." Vielmehr maße sich die Staatsregierung damit an, "die direkte Mitsprache bei den vielfältigen Problemen der älteren Generation durch eine staatliche Vormundschaft zu ersetzen". Dies entspreche einer weitgehenden Entmündigung "unserer mehr als 2,7 Millionen älteren Bürgerinnen und Bürger unseres Landes". 20,7 Prozent der 13,2 Millionen Bürger in Bayern seien älter als 65 Jahre, rechnet sie vor. "Und laut Bayerischem Landesamt für Statistik wird der Anteil der über 60-Jährigen von 2020 bis 2040 von 27,5 auf 31,6 Prozent steigen."

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