Wer in den vergangenen Tagen und Wochen genau hingehört hat, der kann im Nachhinein behaupten, dass man es vielleicht schon ahnen hat können. Etwa in der letzten Stadtratssitzung des vergangenen Jahres, als in den Wortbeiträgen so viel über die gute, fraktionsübergreifende Zusammenarbeit geredet wurde, der Bürgermeister merklich Freude daran hatte und diese Einschätzung teilte.
Alle vermittelten den Eindruck, dass es den aktuellen Stadtratsmitgliedern vornehmlich um die Sache und das Wohl der Stadt geht und nicht um die Interessen von Parteien oder Gruppierungen.
Ein Gedanke, der Bürgermeister Josef Dollinger seit jeher nicht fremd ist und der ihm sehr gut gefällt. So sehr sogar, dass er – wie jetzt bekannt wurde – bereits zum 31. Dezember die Freien Wähler verlassen hat, um bei der Kommunalwahl 2026 als unabhängiger Kandidat anzutreten und im Fall einer Wiederwahl auch ganz offiziell als eine Art „Bürgermeister für alle“ weiterarbeiten zu können.
Mit dem Gedanken habe er schon lange gespielt, sagt Josef Dollinger am Montag im Gespräch mit der SZ. „Kommunalpolitik ohne parteipolitische Interessen ist mir schon immer wichtig gewesen.“ So erinnert er auch an die Wahl im Jahr 1984, als er sich für die Unabhängigen Moosburger Bürger (UMB) um ein Stadtratsmandat beworben habe. „Meine Unabhängigkeit ist mir schon immer wichtig gewesen“, sagt der Bürgermeister, „deshalb bin ich damals dann auch zu den Freien Wählern gegangen“.

Für diese zog er 2002 erstmals in den Stadtrat ein und kandidierte zweimal vergeblich für das Bürgermeisteramt, ehe es 2020 im dritten Anlauf klappte. Nach 24 Jahren Mitgliedschaft kehrte Dollinger den Freien Wählern Ende Dezember nun den Rücken und amtiert seit Anfang Januar – auch wenn auf der Homepage der Stadt am Montag immer noch FW in Klammern hinter seinem Namen stand – als parteiloser Bürgermeister.
Er gehe davon aus, „dass der Eine oder Andere bei den Freien Wählern vielleicht überrascht war, aber die werden das schon verkraften“, sagt Dollinger. Im Streit ging er übrigens nicht. „Das ist kein Bruch und wir werden vernünftig zusammen weiterarbeiten, die Kollegen kommen auch heute ganz normal zur Sitzungsvorbereitung“, sagte der Bürgermeister am Montagmittag vor dem nächsten Treffen des Stadtrats am Abend. Aber mit ihm und den Freien Wählern sei es eben „wie in mancher Ehe – irgendwann lebt man sich ein bisserl auseinander“.

Zwar sei man bei den Freien Wählern „immer noch freier als in einer Partei, dort gibt es immer Charaktere, die sich nicht in eine Partei reindrängen lassen“, meint Dollinger. „Aber es ist auch nicht mehr ganz die Freiheit wie früher, mittlerweile werden die Freien Wähler in gewisser Weise in die Parteienlandschaft reingezogen, seit sie landes- und bundespolitisch aktiv sind“.
Für den Kreistag will er weiterhin auf der Liste der Freien Wähler-Gemeinschaft kandidieren
Komplett verabschieden wird sich Dollinger von den Freien Wählern jedoch nicht. Bei der Kommunalwahl im kommenden Jahr wird er auf der Liste der Freien Wähler-Gemeinschaft (FWG) versuchen, wieder in den Kreistag einzuziehen, um dort – ob als wiedergewählter Bürgermeister oder nicht – für die Interessen Moosburgs einzustehen. Ändern werde sich da eigentlich nicht viel, denn auch bisher habe er „schon oft anders als die Kollegen in der Fraktion abgestimmt“. Er habe sich da stets frei und unabhängig gefühlt.
In seinem Kerngeschäft als Bürgermeister will es Dollinger künftig jedoch ganz ohne die Freien Wähler probieren. Ohne auf Parteigrenzen zu schauen, möchte er eine unabhängige „Politik für die Stadt Moosburg machen“. Dass er das könne, habe er mit seiner Verwaltung bewiesen, sagt der Bürgermeister, der nicht nur hofft, weiterhin über alle Fraktionsgrenzen hinweg so gut zusammenarbeiten zu können wie bisher, sondern über diese Grenzen hinweg womöglich auch für alle wählbar zu sein.
Er sei „nicht so vermessen, zu glauben, dass außer mir jetzt keiner mehr fürs Bürgermeisteramt kandidiert“, sagt Dollinger. Aber wenn er 2026 als unabhängiger Bewerber antrete, „erübrigt sich beim Einen oder Anderen eine Kandidatur vielleicht ja“. Wie auch immer: Dollinger selbst muss für seine Kandidatur als Parteiloser erst Unterstützer-Unterschriften sammeln, so an die 200 dürften nötig sein, schätzt er. „Aber ich bin Einzelkämpfer, ich schaffe das schon.“
Für den Stadtrat will er sich nicht mehr bewerben
„Damit das Ganze ein Gesicht hat“, wird der Bürgermeister „wohl eine Art Wahlvereinigung gründen“, die ihn dann zum Kandidaten küren soll. Mit einer eigenen Stadtratsliste will er jedoch nicht an den Start gehen. Dollinger will, wie er sagt, mit den Bewerbern um die 24 Sitze im Gremium „nicht in Konkurrenz treten“, sondern lediglich – wenn es für ihn optimal läuft – als Bürgermeister sechs Jahre lang weiter mit ihnen zusammenarbeiten. Damit setzt er bewusst alles auf eine Karte: Wird er nicht im Amt bestätigt, ist seine Karriere in der Moosburger Stadtpolitik beendet.
Nach dann vier Amtszeiten im Stadtrat, davon eine als Zweiter und eine als Erster Bürgermeister, „würde es auch reichen, irgendwann ist halt mal Schluss“. Und ob man – wie einst sein Vor-Vorgänger Anton Neumaier (SPD) – als abgewählter Bürgermeister weiter im Stadtrat sitzen sollte, „ist sowieso so eine Sache“. Anders wäre das mit dem Kreistag. Sollte er, auch ohne Bürgermeisteramt, erneut einen Sitz ergattern, „dann hat man einen Auftrag bekommen und eine Verantwortung, und die würde ich dann auch übernehmen“.