Wenn die Festwirtsfamilie Krämmer am Freitag, 13. September, zusammen mit geladenen Ehrengästen, dem Kolping-Spielmannszug, den Königlich-privilegierten Feuerschützen, dem Gebirgstrachtenverein Isartaler und Bürgermeister Josef Dollinger zum Viehmarktplatz zieht, wo Letzterer das erste Fass Bier anzapfen wird, dann ist das der Beginn einer besonderen Herbstschau. Das größere der beiden Moosburger Volksfeste feiert heuer sein 100-jähriges Bestehen. Bereits seit 1924 firmiert die Herbstschau unter diesem Namen.
Ihre Anfänge reichen allerdings noch 62 Jahre weiter zurück. Das erste nachweisbare Volksfest in Moosburg habe im Jahr 1862 stattgefunden, schreibt der Moosburger Lokalhistoriker Karl A. Bauer auf seiner Internetseite alt-moosburg.de. Durch den großen Stadtbrand 1865 gab es dann erst mal eine Volksfestpause, ehe 1869 die nächste Auflage folgte. Laut Bauer mit einem Bierpreis von acht Kreuzern oder umgerechnet 23 Pfennigen pro Mass.
Die Moosburger Volksfeste hatten schon seit jeher einen starken Bezug zur Landwirtschaft, firmierten mal als „Landwirtschaftliches Vereins- und Volksfest“, mal als „Landwirtschaftliche Bezirks-Tierschau und Volksfest“. Zum Programm gehörten seinerzeit neben großen Festzügen auch Trabrennen und Springreiten. Die landwirtschaftliche Komponente gehört bis heute zur Herbstschau. Bei der Jubiläumsauflage in diesem Jahr wird am 19. September die traditionelle Gerstenschau in der Schäfflerhalle am Festplatz eröffnet.
Am Viehmarktplatz werden die Moosburger Volksfeste übrigens erst seit 1922 gefeiert. Bis dahin war die Schloss-Asch-Wiese der Ort des Geschehens. Zwei Jahre später, im Jahr 1924, wurde das Volksfest dann erstmals Herbstschau genannt. Damals wie heute mit dabei: die Isartaler, die als „Volks- und Gebirgstrachten-Erhaltungsverein Isartaler“ bereits 1924 am Herbstschau-Festzug teilnahmen.
Ein großer Festzug gehörte, wie der Bezug zur Landwirtschaft, über all die Jahre zur Herbstschau dazu. Nach dem Rekord-Umzug 2022 zur 1250-Jahr-Feier der Stadt steht auch der Festzug heuer mit dem Titel „100 Jahre Herbstschau“ unter einem besonderen Motto. Passend zum Thema gibt es in der Schäfflerhalle am 19. und 22. September eine Ausstellung mit Plakaten aus 100 Jahren Herbstschau. Das Heimatmuseum lädt die Besucher zudem zu einem Streifzug „durch ein Stück Moosburger Heimatgeschichte“ ein.
Zur Geschichte der Herbstschau gehört neben zahlreichen festlichen Umzügen, geselligen Abenden im Bierzelt sowie vergnüglichen Stunden in den Fahrgeschäften und an den Buden am Festplatz auch ein tragisches Erlebnis aus dem Jahr 1955. „Während der Probe des Festbieres“, so steht in der Ausgabe des Freisinger Tagblatts vom 12. September, die auf Bauers Website zu sehen ist, kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen einem Ordner und einem jungen Krawallmacher, den er des Herbstschauzeltes verwies. Der junge Mann holte sich daraufhin zu Hause eine Pistole, mit der er nach seiner Rückkehr aufgrund einer Verwechslung den Bruder des genannten Ordners erschoss. Nach einer Verfolgungsjagd mit der Polizei erschoss er sich schließlich selbst.
Der Vorfall aus dem Jahr 1955 war freilich eine unrühmliche Ausnahme. Die Herbstschau steht bis heute für Lebensfreude und Lust am Feiern, für gesellige Nachmittage und Abende im Bierzelt und im Vergnügungspark im Freien. Und für zahlreiche Ausstellungen und andere Aktionen und Veranstaltungen rund um das Volksfest. Sei es genannte Gerstenschau oder die Ausstellung der Hobbykünstler im Zehentstadel, die heuer ebenfalls wieder zum Programm gehört. Oder der „Isarman“-Triathlon des RGSV Moosburg und das große Feuerwerk auf der Schloss-Asch-Wiese. Also dort, wo alles begann, als die Herbstschau noch nicht Herbstschau hieß.