Landratsamt stellt Anzeige gegen Unbekannt:PFOS-Chemikalien: Auch die Mauka ist verunreinigt

Landratsamt stellt Anzeige gegen Unbekannt: An drei Stellen hatte das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit wild lebende Fische in der Moosach (Bild) untersucht. Die mittlere PFOS-Konzentration war dabei etwa fünf Mal so hoch wie der bayerische Mittelwert.

An drei Stellen hatte das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit wild lebende Fische in der Moosach (Bild) untersucht. Die mittlere PFOS-Konzentration war dabei etwa fünf Mal so hoch wie der bayerische Mittelwert.

(Foto: Marco Einfeldt)

Wie die Moosach selbst ist ihr Nebenfluss mit perfluorierten Alkylsubstanzen belastet, außerdem ist das Grundwasser betroffen.

Von Nadja Tausche, Eching/Neufahrn

Nach dem jüngsten Fund von Chemikalien in der Moosach hat das Wasserwirtschaftsamt München die Stoffe jetzt auch im Nebenfluss Mauka nachgewiesen. Man habe Gewässerproben bei Massenhausen (Gemeinde Neufahrn) genommen, berichtet Behördenleiter Christian Leeb: Dabei sei eine deutlich erhöhte Konzentration der sogenannten perfluorierten Alkylsubstanzen festgestellt worden. Das Landratsamt Freising hat wegen des Verdachts einer schädlichen Gewässerverunreinigung mittlerweile Anzeige gegen Unbekannt erstattet, wie Pressesprecher Robert Stangl auf Anfrage sagt.

Vor knapp zwei Wochen war bekannt geworden, dass die Konzentration der Chemikalien in der Moosach erhöht ist. Das Wasserwirtschaftsamt informierte daraufhin das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL). Die Behörde untersuchte die Fische im Fluss - mit dem Ergebnis, dass nicht nur das Wasser, sondern auch die Fische in der Moosach mit Perfluoroctansulfonsäure (PFOS) verseucht sind. Weil das Auswirkungen auf den Verzehr der Fische hat, gab das Landratsamt eine Warnung heraus: Ein gelegentlicher Verzehr sei gesundheitlich unbedenklich, ein langfristiger und regelmäßiger Verzehr könne jedoch negative Auswirkungen auf die Gesundheit haben. Mit dem verbotenen Fischarzneimittel Malachitgrün haben die Chemikalien dabei nichts zu tun - vielmehr sind es noch einmal andere schädliche Stoffe.

Die Chemikalien haben sich wohl über Jahre hinweg angesammelt

Der nächste Schritt wird nun sein zu prüfen, ob auch der Verzehr von Fischen aus der Mauka gesundheitsschädlich ist. Dafür muss das Landratsamt Fischproben an das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit weiterleiten. Mit Ergebnissen rechne er Anfang September, so Stangl: "Je nachdem, wie diese Ergebnisse ausfallen, wird das Landratsamt aus lebensmittelrechtlicher Sicht weitere Maßnahmen einleiten."

Derweil untersucht das Wasserwirtschaftsamt, wo die Chemikalien herkommen. Möglich ist Leeb zufolge, dass sie von Münchner Gewässern nach und nach in die Moosach getragen worden seien. Dass auf einen Schlag große Mengen an PFOS in die Flüsse und ins Grundwasser gelangt ist, hält er für unwahrscheinlich: "Wir gehen davon aus, dass sich das über längere Jahre hinweg angesammelt hat", so Leeb.

Den neuesten Untersuchungen des Amtes zufolge ist dabei neben den beiden Flüssen auch das Grundwasser betroffen. "Es sieht so aus, dass wir in der Nähe von Eching auch eine erhöhte Konzentration haben", sagt Leeb. Das zeigen mehrere Wasserproben, die man nördlich der Gemeinde genommen und ins Labor geschickt hat. Dass die Chemikalien vom Gewerbegebiet bei Eching in die Flüsse und ins Grundwasser gespült wurden, hält Leeb mittlerweile für unwahrscheinlich. Denn am Montag habe das Amt auch die Laborergebnisse für das Grundwasser südlich von Eching bekommen: Die Werte seien ähnlich hoch wie im Norden. Gleichzeitig zeigten die neuen Werte, dass die Konzentration der Chemikalien im Grundwasser bei Unterschleißheim nicht so hoch ist wie bei Eching.

Die Natur kann die Chemikalien nicht abbauen

Per- und polyfluorierte Chemikalien, zu denen auch die gefundenen PFOS gehören, sind keine Seltenheit in der Umwelt. Früher war es normal, zum Bekämpfen von Bränden PFC-haltigen Löschschaum zu verwenden. Dadurch sind etwa zahlreiche Liegenschaften der Bundeswehr mit den Chemikalien verunreinigt. Seit 2011 gelten in der EU so strenge Vorgaben für den Einsatz von Löschschaum mit PFOS, dass er quasi verboten ist. Das Problem ist aber, dass die Natur die Chemikalien nicht abbauen kann. Sie bleiben in Boden und Grundwasser und verteilen sich über die Flüsse in der Region. PFC kommen nach Angaben des Umweltbundesamts auch an vielen anderen Stellen zum Einsatz, etwa in Imprägniermitteln und in Pizzakartons.

Die Konzentration in Gewässern ist normalerweise allerdings minimal, also deutlich niedriger, als sie jetzt in Moosach und Mauka festgestellt wurde. Schon im Januar hatte das Wasserwirtschaftsamt München in der Moosach erhöhte Mengen festgestellt, aber keine weiteren Schritte unternommen: "Ein Einzelwert kann immer auch ein Ausreißer sein", so Leeb. Die PFOS-Werte bei Fischen aus der Moosach lagen etwa fünf Mal so hoch wie der bayerische Mittelwert, wie Aleksander Szumilas, Sprecher des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit erklärt.

Was die Ergebnisse für Fischer und Anwohner bedeuten, hängt jetzt von den Untersuchungen ab. Ob etwa das Baden in den Neufahrner Mühlseen noch unbedenklich ist, könne man erst nach weiteren Messungen feststellen, so Stangl. Die Warnung vor dem langfristigen Verzehr von Fischen aus der Moosach gelte weiterhin.

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