Moderne Fischzuchten:Geburtshilfe für Fische

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Der Landesfischereiverband betreibt an der Mauka im Freisinger Moos eine eigene Fischzucht, die Nachfrage ist groß. Vom Skandal um mit Malachitgrün belastetes Wasser ist die Organisation nicht betroffen.

Von Alexandra Vettori, Neufahrn

Die Regenbogenforellen sind verkauft, die Fischwirt-Gesellen fangen sie aus dem Teich, um sie in die weiße Transportbox im Hintergrund zu verladen. Meist werden die Fische nach einer letzten Kontrolle gleich zu den Kunden geliefert. In der Regel sind das Fischereivereine, manchmal auch Teichbesitzer. (Foto: Marco Einfeldt)

Von außen betrachtet geht alles seinen gewohnten Lauf in der Fischzucht Mauka. Hier im westlichen Ausläufer des Freisinger Mooses betreibt der Landesfischereiverband Bayern seine einzige Fischzucht. Heuer feiert man 100-jähriges Bestehen, 1919 hat der Verband Haus und Teiche übernommen. Wasser plätschert aus Rohren, Rasenmäher-Schafe ziehen ihre Bahnen und Betriebsleiter Matthias Brunnhuber schaut nach dem Rechten, Hund Barney im Schlepptau. Neben dem Fischwirtschaftsmeister gibt es noch zwei Gesellen, zwei Auszubildende und einen Mitarbeiter im freiwilligen Jahr, fast alle wohnen auf dem Gelände.

Wirklich gemächlich freilich geht es seit Wochen nicht mehr zu. "Was glauben Sie, wie viele Leute anrufen oder mailen", sagt Brunnhuber. Der Malachitgrün-Skandal schlägt auch hier am Oberlauf der Mauka, die ein Nebenarm der Moosach ist, hohe Wellen, obwohl schon wasserlaufbedingt nichts von der verbotenen Arznei in das Wasser gelangen konnte, das die Teiche speist. Flussabwärts sieht es anders aus, dort kämpfen alle Fischzuchten, auch die, deren Fische nicht belastet waren, mit Umsatzeinbußen. Menschen, Fischer wie Fischliebhaber, sind verunsichert.

Moderne Fischzucht
:Vom Ei bis zum fangfertigen Fisch

In Neufahrn betreibt der Landesfischereiverband seit 100 Jahren eine Fischzucht. Hier widmet man sich auch noch dem aufwendigen Brutgeschäft.

Alexandra Vettori

Nur lebende Fische verlassen den Hof

"Wir sind eine reine Besatzfischzucht", erklärt Brunnhuber. Das heißt, nur lebende Fische verlassen den Hof, gehen an andere Zuchten, an Teichbesitzer und Fischereivereine. Es versteht sich, dass der Landesfischereiverband einen Vorzeigebetrieb hat. Das bedeutet auch, keine zugekaufte Brut oder Setzlinge und natürlich schon gar keine nicht zugelassenen Fischarzneien. Hier auf dem Hof ist der Weg der Fische akribisch nachzuverfolgen, von der Kinderstube bis zum Verkauf. Das ist längst keine Selbstverständlichkeit mehr in einer Branche, die mit dem schlichten Anglerglück, wie es sich Laien vorstellen, nicht mehr viel zu tun hat. Der Malachitgrün-Fall im Freisinger Moos hat ein Schlaglicht darauf geworfen, wie es wirklich aussieht beim heimischen Fisch. Die seit Jahren sprunghaft steigende Zahl von Fischern hat die Nachfrage nach Setzlingen so in die Höhe schnellen lassen, dass deutsche Fischzuchten den Bedarf schon lange nicht mehr decken können. Die Fischbrut- und Setzling-Importe kommen aus Tschechien, Italien, Frankreich oder Dänemark.

In der Fischzucht Mauka dagegen stammt alles aus eigener Zucht. Die beginnt in zwei Becken nahe der Bruthalle, in denen ausgewählte Elterntiere schwimmen, hauptsächlich Saiblinge und Regenbogenforellen, jede Art in ihrem Becken. Rote-Liste-Fische wie Äschen oder Seeforellen für den Starnberger See spielen eine untergeordnete Rolle, ebenso Bachforelle oder Elsässer Saibling.

Sperma und Eizellen werden von betäubten Fischen gewonnen

Im Elternbecken der Regenbogenforellen herrscht munteres Treiben. Jetzt, Anfang April, haben sie bereits Eier und Samen gespendet. Jede Woche hat das Fischzuchtteam davor kontrolliert, ob die Weibchen laichreif sind. "Das merkt man, indem man die Fische abtastet", erklärt Brunnhuber. Der Laichstrang wird dick, bis er aufgeht und die Eier im Leib der Fischmamas liegen. Ist es soweit, werden diese in eine Wanne gebracht und betäubt. "Dann erschlafft der Fisch und die Eier laufen aus dem Eiausgang", so Brunnhuber. Mit den Männchen läuft es analog, dort wird der Samen abgenommen. Eizellen und Spermien werden danach gemischt, gesäubert und kommen in sogenannte Zuger-Gläser, in denen sie bei normaler Wassertemperatur bebrütet werden. Warum sich Fischzüchter diese Arbeit machen, erklärt Brunnhuber so: "Wenn ich die laichen lasse, fressen die anderen Fische den Laich." In der freien Natur habe man eine Befruchtungsrate von vielleicht 70 Prozent, "wir haben bis zu 95 Prozent", so der Fischwirtschaftsmeister. Vier Wochen bleiben die Fischeier in den Gläsern, nach 14 Tagen haben sie das Augenpunktstadium erreicht, sehen aus wie ein Ei mit zwei Augen und dürfen bewegt werden.

Um den Liebesakt bringen die Züchter die Fische übrigens nicht. In der Natur legen die Salmonidenweibchen die Eier in Laichgruben, das Männchen spritzt danach den Samen darauf, die Eier werden halb vergraben, die Larven schlüpfen erst, wenn der Dottersack aufgebraucht ist. Auch in der Zucht bleiben die Eier in den Zuger-Gläsern, bis sie schlüpfen. Dann bekommen sie das erste Futter, im Fachjargon heißen sie "angefressene Brut". Fast ein halbes Jahr bleiben sie in der Bruthalle in großen Wannen, bis zu einer Größe von zehn Zentimetern. Dann erst werden sie in die Teiche ausgebracht.

Viele Fischzuchten scheuen das aufwendige Brutgeschäft

Das Brutgeschäft sei extrem aufwendig, sagt Brunnhuber, "viele Fischzuchten tun sich das nicht mehr an, sondern kaufen Setzlinge. Die Bruthalle ist das Herz der Zucht, hier gelten besonders strenge Hygiene-Regeln. Jeder der eintritt, muss durch eine Schüssel mit Desinfektionsmittel steigen.

Diese nur wenige Zentimeter großen Setzlinge sind schon drei Monate alt. bis sie groß sind, müssen sie aber noch ordentlich gefüttert werden. (Foto: Marco Einfeldt)

Die Kunden der Fischzucht Mauka schätzen die regionale und kontrollierte Erzeugung. Abgegeben werden dort sowohl Kleinmengen ab drei Fischen bis zu 1,4 Tonnen. In der Regel liefert die Fischzucht aus, das Gros der Kunden kommt aus der Umgebung bis zu 150 Kilometern. Transportiert werden die Tiere in speziellen Plastikbehältern mit Sauerstoffversorgung. Der Absatz der Zucht des Landesfischereiverbands, sagt Brunnhuber, sei nicht zurückgegangen, im Gegensatz zu anderen Fischzuchten. Man sei als verbandseigene Zucht zwar auch auf Wirtschaftlichkeit bedacht, "aber wir arbeiten noch nach bestem Wissen und Gewissen."

© SZ vom 15.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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