Mitten in Neufahrn:Einfach legendär

Ehemalige Berufstätige aus Neufahrn hängen den Ruhestand zur Vorweihnachtszeit an den Nagel - für den guten Zweck

Kolumne von Birgit Grundner

Die beiden Gäste von auswärts sind mit der S-Bahn gekommen und starren jetzt etwas ungläubig auf das Geschehen. Neufahrner Freunde haben das Paar zwecks Wiedersehen einfach zum Adventstandl auf dem Marktplatz eingeladen, man kann schließlich keinen Tag ausfallen lassen. Legendär sei das Standl. Im Ort gerade mal wieder der Treffpunkt schlechthin. Der Besuch konnte es sich nicht so recht vorstellen. Sie: "Da gehst vom Bahnhof weg und denkst, wo soll denn da noch was kommen, da ist doch nix." Er, ganz Großstädter: "Da sind doch die Gehsteige schon hochgeklappt." Sie: "Und dann biegen wir da ums Eck . . ."

Dichte Menschentrauben drängen sich an den Stehtischen vor zwei Buden, in denen sechs Frauen und Männer auch an diesem Abend Hunderte Bratwürste auf den Grill legen, Glühwein um Glühwein ausschenken. Kaufen darf jeder. Mithelfen nicht. Da gilt eine Art Kodex. Ruheständler muss man sein. Sonst kommt der Name nicht auf den perfekt durchorganisierten Dienstplan. Zum Glück fehlt es nie an "Personal", das Team steht seit Jahren. Der Verkauf ist nur die sichtbare Arbeit. Andere kümmern sich um immer neue Semmeln, die frisch aufgebacken werden. Sammeln leere Tassen ein. Bringen sie in die Pfarrzentrumsküche, wo der Spültrupp bereit steht. Gut ein Dutzend ehemalige Beamte, Geschäftsleute, Buchhalter, Sekretärinnen - ein festes und eingespieltes Adventstandl-Team, das auch mit vielen Spenden unterstützt wird und den Ruhestand immer zur Vorweihnachtszeit für den guten Zweck an den Nagel hängt.

Den Erlös bekommt wieder die Sozialstation. Oh du fröhliche. Und an den Stehtischen werden kühne Ideen geboren: Das ganze Jahr müsste es so einen Treffpunkt geben. Im Sommer halt mit Prosecco. Das Paar von auswärts würde auch kommen, "eh klar". Die Unruheständler werden aber nur noch an diesem Freitagabend da sein. Und dann wieder nächstes Jahr im Dezember. Eh klar.

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