Süddeutsche Zeitung

Mitten in Neufahrn:Ein bisschen gaga mit Maske

Die Nähmaschinen können eigentlich gar nicht so schnell rattern, wie die Nachfrage steigt

Kolumne von Birgit Grundner

Die Sache mit dem Toilettenpapier hat sich mittlerweile offenkundig erledigt. Alle privaten Lager sind vermutlich bis ins nächste Jahr hinein gut gefüllt - mindestens. Jetzt sind zum Beispiel Masken gefragt. Nicht die professionellen mit irgendwelchen Zertifizierungen, sondern die selbstgemachten mit irgendwelchen Stoffmustern. Spätestens seit die Maskenpflicht für Läden und den ÖPNV angekündigt worden ist, möchte jetzt jeder lieber doch so ein Teil griffbereit haben. Und weil es trotz aller Anleitungen gar nicht so leicht herzustellen ist, wenn es einem nicht nur am technischen Equipment, sondern an jeglichem Handarbeits-Know-how fehlt, kursieren mittlerweile Namen und Telefonnummern potenzieller Lieferanten im weiteren und engeren Freundeskreis. Nur können die ihre Nähmaschinen eigentlich gar nicht so schnell rattern lassen, wie die Nachfrage steigt.

Freilich gibt es die Stoffmasken mittlerweile auch in Geschäften zu kaufen. Im Neufahrner "Workzimmer" - einem früheren Buchladen an der Bahnhofstraße - wird demnächst ein eigener kleiner Masken-Basar organisiert: Am 2. Mai soll ein halbes Dutzend Näherinnen und Näher dort vertreten sein. Damit alle Abstandsregeln eingehalten werden können, dürfen zusätzlich immer nur drei Kunden gleichzeitig im Raum sein. Eine Art Masken-Mini-Messe also - die Zeiten haben sich in der Tat geändert.

Womöglich wird es demnächst in den Volkshochschulen auch spezielle Atemtechnik-Kurse geben. Dort könnte man erklären, wie man es hinkriegt, dass die Brille trotz Maske nicht ständig beschlägt. Und wie man einigermaßen klar bei Verstand bleibt, obwohl man die eben ausgeatmete Luft ständig neu einatmen muss. Solche Fähigkeiten wären auch beim Einkaufen nützlich. Schließlich rennen in den Lebensmittelmärkten auch ohne Kohlendioxid-Dope schon viel mehr Kunden wie aufgescheucht hin und her. Weil sich Waren, die man in Corona-Zeiten für andere und damit womöglich überhaupt zum ersten Mal kauft, einfach nicht so schnell finden lassen wie die, die man für sich selbst quasi auch halb blind und kopflos zusammenraffen kann. In dem Zusammenhang ein Dank an die nette Kassiererin, die kürzlich auch ein etwas konfuses Verhalten beim Zahlen mit verständnisvoller Gelassenheit ertragen hat: "Die Masken machen einen wirklich ein bisschen gaga."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4886477
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 24.04.2020
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.