Süddeutsche Zeitung

Mitten in Freising:Satirische Skandale

Wie der Kreisverband der sehr guten Partei "Die Partei" diverse Verfehlungen mit größtmöglicher Transparenz zur Kenntnis nimmt.

Glosse von Thilo Schröder, Freising

Dass in politischen Zirkeln dann und wann schamlos gelogen, betrogen oder zumindest fragwürdig gehandelt wird: geschenkt. Weiß man. Ist halt so. Empört reagiert die Öffentlichkeit vor allem dann, wenn Verfehlungen erst mit Verspätung auf Drängen Dritter ans Licht kommen. Der Kreisverband der Satirepartei "Die Partei" im Landkreis Freising verhält sich dahingehend ein bisschen anders, ein bisschen transparenter als die Konkurrenz.

Freimütig räumte der Verband nach seiner Vorstandswahl am vergangenen Wochenende ein, dass der Kassierer "leider schon vor einiger Zeit mitsamt der leeren Kasse zur SPD gewechselt" sei. Aufgefallen war das Außenstehenden offenbar bis dahin nicht. Also alles richtig gemacht, dem Skandal vorweggegriffen. Der Mann wolle bei den Sozialdemokraten "ernsthafte Politik" machen, heißt es in der Pressemitteilung dazu weiter. Ob das mit einem gerade ins Amt gewählten SPD-Kanzler funktionieren wird, der selbst zuletzt nicht selten gerade noch so am Skandal vorbeischrammte, sei mal dahingestellt. Erfahrung mit leergespülten Kassen kann dieser Tage allerdings sehr nützlich sein, auf allen politischen Ebenen. Neue Schatzmeisterin der "Partei" in Freising ist Nicole von Ahsen.

Friedrich Merz soll auch kandidiert haben - aber "wie üblich" erfolglos

Ungerührt räumt die "Partei" im Landkreis außerdem ein, dass ihr neuer Verbandsvize und frühere Bundestagslistenkandidat Manuel Huber aus Attenkirchen erst "letzte Woche 18 Jahre alt geworden" ist. Somit hätte er gar nicht ins Parlament gewählt werden dürfen. Auch dieser Umstand war vor der Wahl offenbar niemandem aufgefallen. Auch hier also: alles richtig gemacht und nicht im Bundestag gelandet. Neuer Vorsitzender des Kreisverbands ist Daniel Weigelt aus Freising. Er und Huber beerben Emma von Ahsen und Sophie Hess.

Eine weitere Nachricht lässt sich schnell als Fake News enttarnen: Friedrich Merz (CDU), heißt es, soll sich ebenfalls für alle drei Posten beworben haben, aber "wie üblich" leer ausgegangen sein. Merz, der gerade mal wieder für den Unionsvorsitz kandidiert, hatte sich selbst auf dem Deutschlandtag der Jungen Union im Herbst indirekt als "alte Bürste" bezeichnet. Außerhalb seiner Fanbasis wird er von vielen dagegen als ewig gestrige Witzfigur wahrgenommen. Ein Satz im "Partei"-Jargon wie "Wählt Friedrich Merz, denn er ist sehr gut" ist demselben freilich zuzutrauen. Aber diesen Skandal möchte sich gewiss niemand einhandeln.

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SZ vom 09.12.2021/ilos
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