Mitten in Freising:Erst denken, dann dichten

Ein Spaziergang durch die Stadt offenbart den Unterschied zwischen literarisch wertvollen Aussagen und plumper Imagewerbung

Von Birgit Goormann-Prugger

In Freising gibt es in diesen Tagen viel zu lesen, auf Schaufenstern und auch sonst überall. Allerdings sollte man beim Spaziergang durch die Stadt genau unterscheiden zwischen literarisch wertvollen Aussagen und plumper Imagewerbung, wie es die Freisinger Stadtwerke tun. Die haben jetzt zwei ihrer Stadtbusse mit dem Spruch "Der Bus bewegt besser" beklebt und beteiligen sich so an dem bundesweiten Aktionstag "Raus aus dem Auto - Rein in den Bus", was aus Gründen des Umweltschutzes natürlich lobenswert ist, aber in seiner Umsetzung denkbar einfallslos.

Einfach irgendwo ein Plakat hinkleben, das kann schließlich jeder, da schaut man schnell mal dran vorbei. Da sollten sich die Stadtwerke doch besser das "Modern Studio Freising" zum Vorbild nehmen, das auf sein 45-jähriges Bestehen jetzt mit in Handarbeit kalligrafisch gestalteten Schaufenstersprüchen aufmerksam macht. Zitate namhafter Schriftsteller und Philosophen sollen zum Verweilen und Nachdenken anregen, was bei "Das Eigene lieben bloßem aus Hass auf das Fremde ist Lüge" (Andrej Wosnessenski, russischer Dichter) in der Tat besser funktioniert als mit der Aussage "Der Bus bewegt besser". Von A nach B, ist klar, tolle Sache das.

In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass die knappen Statements auf den diversen Freisinger Schaufenstern wie "Auch ohne Termin!", "20 Prozent auf Alles!" oder "Prima An- und Verkauf" keinesfalls mit Aphorismen aus der hohen Literatur verwechselt werden sollten. Anhand dieser stichprobenartigen Marktanalyse in Sachen Imagewerbung in der Freisinger Innenstadt wird dann schnell klar, dass der Erfolg auch mit gedanklichen Mühen verbunden ist. Oder um es mit folgender Beduinen-Erkenntnis zu halten: "Die Wege der Weisheit führen durch die Wüste."

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