Mitten in Freising:Alle Kandidaten kanzlertauglich

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Der Kreisverband der Satirepartei "Die Partei" schickt zwei Bewerber für das Amt des deutschen Regierungschefs ins Rennen

Glosse von Thilo Schröder

Die Last auf den Schultern von Spitzenkandidatinnen und -kandidaten in der Politik wiegt schwer. Große Teile des Wahlkampfs sind auf diese wenigen Protagonistinnen und Protagonisten ausgerichtet. Sie sind die Aushängeschilder ihrer Partei. Man sieht ihre Gesichter auf Plakaten, in den Sozialen Medien, in Livestreams und TV-Auftritten. Wer sich als Partei auf eine Person an der Spitze festlegt, weiß das. CDU und CSU haben in den zurückliegenden Wochen (oder waren es Monate?) derweil vorgemacht, wie solch eine machtpolitisch geprägte Position zum Gespött des ganzen Landes werden kann.

Bei der Satirepartei "Die Partei" kennt man sich mit Spott aus, weiß ihn vorweg und sich selbst nicht allzu ernst zu nehmen. Und so kam es, dass bei der Aufstellungsversammlung des Freisinger Kreisverbands am Samstag der 47-jährige Daniel Weigelt mit 100 Prozent der Stimmen sowohl zum Direkt- als auch Kanzlerkandidaten gewählt wurde. Denn in der "Partei", heißt es in einer Mitteilung, strebten alle 299 Antretenden freilich auch das Kanzleramt an.

Bei Spitzenkandidaturen, auch das ist bekannt, werden kleinste Verfehlungen in Vergangenheit und Gegenwart schnell zum Ausschlusskriterium. Auch hier greift "Die Partei" vorweg. Weigelt sei in Dresden geboren und habe "seine ersten politischen Erfahrungen bereits bei den Jungpionieren" in der DDR gesammelt. 2007 sei er als Lohnsteuern zahlender "Wirtschaftsflüchtling" in den Landkreis Freising gezogen, seit 2018 Mitglied bei der "Partei". Sein Ziel für die Kanzlerschaft: "Alles muss besser werden. Die AfD muss weg."

Einen "hervorragenden Listenplatz 55" hat am Sonntag der 18-jährige Manuel Huber aus Attenkirchen ergattert. Der Elftklässler des Freisinger Camerloher-Gymnasiums gibt an, bis auf Mehrwertsteuer "nichts an den Staat" zu zahlen, dafür aber "das Geld für ein 365-Euro-Ticket auf Staatskosten" zu beziehen. Auch er formuliert seine Ambitionen in Abgrenzung zur AfD: "Seit meiner Gehirnerschütterung vor zehn Jahren weiß ich von der Existenz meines Gehirns - und kenne somit den Punkt, in dem ich jedem AfD-Mitglied etwas voraushabe."

© SZ vom 23.04.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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