Mitten im Landkreis:Wie man's macht, ist es verkehrt

Und am liebsten hätte man, was man nicht hat

Kolumne von Alexander Kappen

Es liegt ja irgendwie in der Natur des Menschen, dass er immer gerne das hätte, was er gerade nicht hat. Das fängt schon ganz früh in der Kindheit an. Da sitzt der kleine Kevin im Sandkasten und hätte - obwohl er selbst vom Opa kürzlich erst den hippsten und coolsten Bagger geschenkt bekommen hat, den der internationale Sandkasten-Baggermarkt aktuell so hergibt - viel lieber die abgeranzte Schaufel mit dem abgebrochen Stil von der Jacqueline nebenan. Das lässt er seine Umwelt natürlich wissen, indem er mit seinem Protestgekreische das ganze Dorf zusammenschreit. Bis Mutti ihn mit einem Eis besticht und ruhigstellt - was aber nur so lange funktioniert, bis auch die Jacqueline von ihrer Mama ein Eis bekommt, das der Kevin viel lieber hätte als sein eigenes . . .

So ähnlich war das auch vor ein paar Wochen. Da waren sich allerdings alle Kevins und Jacquelines und sonstigen Leute im Landkreis ziemlich einig, dass sie viel lieber alle zusammen das Wetter hätten, das sie zu diesem Zeitpunkt gerade nicht hatten: endlich Sonne und Wärme, richtig Sommer halt, wenn der Frühling schon ausgefallen war. Jetzt ist er da, der Sommer. Mit dem vollen Programm und allem, was dazu gehört. Mit einer solchen Wucht, dass sich jeder, der sich nach dem Ende der Corona-Reisebeschränkungen sofort in den nächsten Urlaubsflieger Richtung Südsee gesetzt hat, in den Allerwertesten beißt: Tropische Nächte, die gibt es auch daheim momentan in handelsunüblichen Mengen.

Deshalb hört man jetzt aber gelegentlich schon wieder so manchen Kevin und die ein oder andere Jacqueline stöhnen und laut darüber nachdenken, dass so ein Wetter, wie wir es derzeit gerade nicht haben, eigentlich ganz gut wäre. Also ein bisschen kühler, nicht diese Bullenhitze. Und etwas Regen wäre - in verträglichen Dosen - zwischendrin auch nicht verkehrt. Wegen der Natur und so. Also so ähnlich, wie wir es Ende der Woche voraussichtlich bekommen sollen: 16 bis 20 Grad, immer wieder mal Schauer. Im Prinzip wird uns der Frühling nachgereicht, den wir vor ein paar Monaten noch so schmerzlich vermisst haben. Also: Alles wird gut. Oder, Kevin? Ja, ja, von wegen. Frühling, sicher, schön und gut. Aber doch nicht um diese Zeit! Da muss es doch gescheit warm sein. Und trocken. Und überhaupt: Die eine oder andere tropische Nacht wäre auch nicht schlecht . . .

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