Mitten im Landkreis:Wider die Sprachlosigkeit

Im Fasching muss die Muttersprache einiges aushalten

Von Alexander Kappen

Im Deutschen gibt es so schöne Wörter wie "Weltschmerz", "Torschlusspanik", "Luftschloss", "Fernweh", aber auch "Ohrwurm", "Fingerspitzengefühl" oder "Schadenfreude". Wörter, die es in keiner anderen Sprache gibt. Und die so schön sind, dass sie einige englischsprachige Länder einfach übernommen haben. Insofern ist es ganz gut zu wissen, dass es nicht nur so unbestritten bedeutende Tage wie den Handtuch-Tag, den Talk-like-a-Pirate-Day, den Weltknuddeltag und den Tag der Jogginghose gibt, sondern eben auch einen, der den Wert der Sprache angemessen würdigt.

Der Internationale Tag der Muttersprache "erinnert an die Bedeutung des Kulturgutes Sprache. Er soll die Sprachenvielfalt und den Gebrauch der Muttersprache fördern und das Bewusstsein für sprachliche und kulturelle Traditionen stärken", heißt es auf der Internetseite der deutschen Unesco-Kommission. Da ist es ganz praktisch, dass der Tag der Muttersprache bereits am vergangenen Dienstag begangen wurde - und somit gerade noch rechtzeitig, bevor im Landkreis mit dem "Unsinnigen Donnerstag" die heiße Phase des Faschings eingeläutet wurde, die man auch als die "Tage des Verlusts der Muttersprache" bezeichnen könnte. Auch wenn die Unesco, also die Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur, diese Bezeichnung aus unerfindlichen Gründen bislang noch nicht offiziell in ihrem Kalender führt.

Im Fasching muss so eine Muttersprache einiges aushalten. Sei es, weil in diversen närrischen Vorträgen (Reim dich, oder ich fress' dich!) die Muttersprache oft bis zur Unkenntlichkeit entstellt wird oder ganz einfach, weil die Feiernden bis zum Verlust der selbigen trinken. Schließlich haben sie, mit dem nötigen Fingerspitzengefühl ausgestattet, ein gutes Gespür dafür, dass am Aschermittwoch alles vorbei sein wird und geraten dann, je näher das Faschingsende rückt, bei der Bestellung am Tresen zuweilen in Torschlusspanik - womöglich zusätzlich animiert durch Ohrwürmer wie "Zehn kleine Jägermeister" und "Ober, zack ein Helles". Wenn man seiner Muttersprache irgendwann nach dem Kehraus am Faschingsdienstag wieder mächtig ist, kann man sich dann in der entbehrungsreichen Fastenzeit seinem Weltschmerz hingeben.

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