Mitten im Landkreis:Ich-AG und Familie mbH

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Über Firmenneugründungen in Corona-Zeiten

Glosse von Alexander Kappen

Not macht bekanntlich erfinderisch. Oder gründerisch. So wie in der aktuellen Corona-Krise, in der laut einer Pressemitteilung, die dieser Tage im Postfach der Freisinger SZ-Redaktion aufgetaucht ist, schon 324 800 Deutsche ein Unternehmen gegründet haben. In der Mitteilung wird eine neue Umfrage unter 12 800 deutschen Erwachsenen aus dem ganzen Land zitiert, demzufolge 5,6 Prozent - hochgerechnet rund 3,87 Millionen Menschen - zudem planen, künftig ein eigenes Unternehmen zu gründen. Der Grund: Die Corona-Krise hat ihr Leben nachhaltig verändert.

Etwa 58 Prozent der potenziellen Unternehmensgründer wollen das Vorhaben laut Umfrage noch in den kommenden zwölf Monaten angehen - 35 Prozent werden das auf eigene Faust tun. In diesen Zeiten des maximalen Abstands und der minimalen Kontakte kann es ja nicht schaden, wenn der Einzige, den man am Arbeitsplatz antrifft, man selbst ist. Das ist Infektionsschutz auf höchstem Level.

Neben der Corona-konformen Ich-AG beabsichtigen aber viele offenbar auch, ein Familienunternehmen zu gründen. Auch das erscheint in den aktuellen Pandemiezeiten auf den ersten Blick naheliegend. Und auf den zweiten auch. Wenn man eh schon kaum mehr jemanden außerhalb des eigenen Hausstands treffen und nur noch daheim mit der eigenen Familie abhängen darf, dann kann man daraus gleich ein Geschäftsmodell machen: Statt sich gegenseitig auf die Nerven zu gehen und dem Corona-Lagerkoller anheimzufallen, kann man auch gemeinsam in der neu gegründeten FmbH (Familie mit beschränkter Haftung) ein bisschen Geld verdienen. Laut Umfrage wollen übrigens 30 Prozent die neue Firma mit ihrem Ehe- beziehungsweise Lebenspartner gründen, sechs Prozent mit ihren Eltern und drei Prozent mit einem Geschwisterteil. Dass die Schwiegermutter in dieser Auflistung fehlt, ist sicherlich nur ein Zufall.

Neben Einzelhandelsunternehmen, verarbeitender Industrie und Maschinenbau stehen auf der Branchenwunschliste der potenziellen Firmenneugründer auch Gastronomiebetriebe ziemlich weit oben. Wobei man sich nach dem Ende des Lockdowns dann wohl ein bisschen an die inzwischen veränderten Gewohnheiten der Gäste anpassen müsste. So könnte man diese mit Kneipen-Namen wie "Zur goldenen Wohnzimmercouch" ins Lokal locken und den Zutritt nur mit Schlabber-Jogginghose und strumpfsockig gewähren, um das anerzogene "Wir-bleiben-daheim-Feeling" zu simulieren. Und dann verstreuen wir noch ein paar Mensch-ärgere-dich-nicht-Figuren auf dem Lokal-Boden, um den Gästen das wohlig-vertraute Gefühl eines aus dem Ruder gelaufenen Corona-Familien-Spieleabends zu vermitteln.

© SZ vom 14.01.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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