Süddeutsche Zeitung

Mitten im Landkreis:Angst vor der Heckenschere

Lesezeit: 1 min

Von Rapunzeln und Hobbyfriseuren

Kolumne von Alexander Kappen

Wochen lang lag das Leben im Freistaat und natürlich auch im Landkreis coronabedingt wegen Shutdown, Lockdown, Downtown, Down Under und was auch immer darnieder. Außer der wöchentlichen Viren-Rallye im Supermarkt war da nicht viel. Aber langsam kommt wieder ein kleines bisschen Leben in die Bude. Seit dieser Woche darf man sich - Prügeln ums Klopapier beim Discounter ist mittlerweile out - in den wieder eröffneten Baumärkten und Gartencentern mit all den anderen ausgehungerten Hobbyfloristen um die beste Blumenerde streiten. Kommende Woche gehen dann die kleineren Läden an den Start, auch die Schüler der Abschlussklassen dürfen wieder einrücken.

Aber das viel wichtigere Datum ist der 4. Mai. Der D-Day der Ästhetik, das Hochfest der Eitelkeiten, der bedeutendste Feiertag der Schönen und Haarreichen. Dann nämlich dürfen auch die Systemrelevantesten aller Systemrelevanten wieder ihre Pforten öffnen: die Friseure.

Als das Datum von der Staatsregierung bekanntgegeben wurde, glühten postwendend die Drähte, jeder wollte der Erste sein, der sich beim Coiffeur seines Vertrauens einen Termin sichert. So auch ein paar Kolleginnen im mehrstöckigen Freisinger SZ-Hauptquartier, die dort im Gegensatz zu den aus dem Homeoffice operierenden Kollegen die Stellung halten. Der Sage nach nennen sie sich die Rapunzeln, weil nur noch eine von ihnen am Morgen die beschwerlichen Treppen ins Büro emporsteigen muss, ehe sie die anderen mit ihrem herunter gelassenen Haar über den Balkon nach oben zieht.

Ministerpräsident Markus Söder kommt zwar optisch noch nicht ganz so rapunzlig daher, aber auch er hat einen Haarschnitt dringend nötig, wie er am Wochenende in einem Radio-Interview sagte. Er will damit jedoch warten, bis die Leute vom Fach wieder ihre Läden öffnen, weil er sein Haupthaar nicht irgendwelchen Hobbyfriseuren anvertraut. Anders als sein Staatskanzleichef Florian Herrmann. Der habe sich, so verriet der Landesvater, die Haare von seiner Frau schneiden lassen. "Das sieht ehrlicherweise sehr gut aus. Also jedenfalls . . . ja, doch, sieht sehr gut aus", befand Söder. Die Rapunzel-Kolleginnen konnte das natürlich nicht überzeugen, sich ihre Haare von ihren Männern schneiden zu lassen. Ihrer, so befürchtet eine, "nimmt die Heckenschere". Zu welchem Werkzeug Frau Herrmann gegriffen hat, verriet der Ministerpräsident übrigens nicht.

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Quelle:
SZ vom 22.04.2020
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