Süddeutsche Zeitung

Nachhaltigkeit und Umweltschutz:Zu viel Mikroplastik landet noch immer in der Umwelt

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Nicht nur Verpackungen, sondern auch viele Kosmetikprodukte enthalten diese winzigen Partikel, die womöglich gesundheitliche Folgen für den Menschen haben. Ein VHS-Kurs in Freising zeigt, dass es auch anders geht.

Von Lena Meyer, Freising

Nach einem anstrengenden Tag und auch in der kalten Jahreszeit kann ein entspannendes Bad ziemlich wohltuend sein. Gerade mit einer entsprechenden Pflege. Da gibt es zum Beispiel Duschgele oder Seifen, die einen Peeling-Effekt versprechen: Ihre Perlen sollen tote Schuppen von der Haut entfernen. Was so schön perlt, besteht jedoch nicht selten aus Mikroplastik, mikroskopisch kleinen Partikeln, die über das Abwasser in Klärwerke und von dort aus auch in Flüsse, Seen, Meere oder Ozeane gelangen. Auch bayerische Seen und Flüsse sind belastet.

"Es ist schwer, das Mikroplastik zu filtern", weiß Nachhaltigkeitsreferentin Veronika Westermeier. Je kleiner die Partikel, desto schwieriger sei dies, erklärt sie während eines Kurses zum Thema Plastikvermeidung mit selbstgemachter Naturkosmetik in der Freisinger Volkshochschule (VHS). Wie der Name schon vermuten lässt, sind Mikroplastik-Teilchen winzig klein: Auf gerade einmal fünf Millimeter kommen sie und meist sind sie nur etwas dicker als ein menschliches Haar.

In Seifen, Cremes oder Shampoo befinden sich zudem häufig flüssige Kunststoffe wie Silikone. Gerade diese gelartigen Stoffe seien oftmals schwer zu filtern und stellten Klärwerke somit vor Herausforderungen, erklärt Westermeier. Das zeigt auch ein kleines Experiment. Über einen dünnen Nylonstrumpf wird dabei in Wasser verdünntes Duschgel gegossen. Was auffällt: Die feinen Perlen landen ohne Probleme im Stoff. Doch das Gel rutscht immer wieder durch die Maschen, erst nach dem dritten oder vierten Durchlauf lässt es sich schleimartig auf dem Filter nieder. "So gelangen immer noch Anteile an Mikroplastik ungefiltert in die Seen", sagt Westermeier.

EU-Schätzungen zufolge landen jedes Jahr rund 42 000 Tonnen an Mikroplastik in der Umwelt. Das Problem: Mikroplastik kann nur sehr langsam abgebaut werden und ist technisch nicht mehr rückholbar. Also breitet es sich über Luft, Wasser und Böden aus, bis es schließlich wieder in unserer Nahrungskette ankommt. Von Miesmuscheln weiß man bereits, dass aufgenommenes Mikroplastik zu Gewebeveränderungen und Entzündungen führen kann.

Auch für den Menschen könnten die Partikel gesundheitliche Folgen haben. Experten sprechen von potenziell schädlichen Effekten auf das Immunsystem, den Stoffwechsel, die Darmflora und die Fruchtbarkeit. Allerdings gebe es noch keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse, dass Mikroplastik in Lebensmitteln ein gesundheitliches Risiko darstelle, so heißt es auf der Webseite des Bundesinstituts für Risikobewertung.

Dennoch rät Veronika Westermeier zu so wenig Kontakt mit Mikroplastik wie möglich. Gerade in der Kosmetik. Entsprechende Alternativen gebe es bereits auf dem Markt zu erwerben. Ein seit Oktober geltendes Verbot von losem Glitzer und Kosmetika mit Mikroperlen in der EU soll zudem eine schrittweise Reduktion von Produkten mit beigefügtem Mikroplastik bewirken. Das Verbot betrifft dann vor allem auch Kosmetika und Waschmittel, die jene Partikel enthalten, die ihnen eine bestimmte Textur oder Farbe verleihen.

Andere Produkte ließen sich zudem einfach selber herstellen, erklärt Westermeier: beispielsweise sogenannte Badekugeln. Bereits mit etwas Natron, Zitronensäure, Speisestärke und Kokosöl gelinge es, den Badespaß selber zu produzieren. Ganz ohne beigefügtes Mikroplastik. Für ein entsprechendes Peeling könnten Rapssamen beigemischt werden, so Westermeier.

Ihr ist es ein Anliegen, auf solche Themen aufmerksam zu machen und zu sensibilisieren. "Natürlich würde ich mir wünschen, dass sich die Industrie ändert", sagt sie. Nachhaltigkeit rücke zwar immer stärker in den gesellschaftlichen Fokus. Aber: "Wir dürfen nicht aufhören, darüber zu reden. Die Entwicklung muss weiter gehen."

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