Menschen am Fluss:Die Isar-Försterin

Menschen am Fluss: Mit dem Tablet an der Isar: Maria Reuther ist als Försterin für den Staatswald im Münchner Norden zuständig.

Mit dem Tablet an der Isar: Maria Reuther ist als Försterin für den Staatswald im Münchner Norden zuständig.

(Foto: Robert Haas)

Maria Reuther betreut die Auwälder zwischen München und Moosburg, die sich stark verändern werden

Von Alexandra Vettori, Ismaning

Natürlich kommt Maria Reuther, Försterin im Staatswald München Nord, ständig an der Isar vorbei. Sie ist zuständig für 2500 Hektar Wald von Karlsfeld und dem Hartelholz über die Oberschleißheimer Ruderregatta und den Berglwald, für ein paar hundert Hektar bei Kranzberg, und natürlich die Isarauen von Moosburg bis zum Aumeister in München. Täglich ist Maria Reuther auf Kontrollfahrten unterwegs, im Sommer hat sie das Badezeug immer im Auto. "Zwischendrin zehn Minuten Schwimmen, und man fühlt sich wie neu geboren", sagt sie. Ihren Lieblingsbadeplatz hat sie direkt vor dem Haus in Ismaning. Nur ein paar Schritte sind es von der Gartentür zur Isar, in die an dieser Stelle der Seebach mündet. Hier gibt es sogar eine kleine Stelle, an der fast keine Strömung herrscht, ideal für den Einstieg zum Flussbad.

Seit 19 Jahren ist Maria Reuther als Försterin in den Staatswäldern des Münchner Norden unterwegs, die 52-Jährige kennt nicht nur die lauschigsten Badeplätze wie ihre Westentasche. Was ihr derzeit große Sorge macht, ist nicht die Waldbrandgefahr, nicht der Borkenkäfer und nicht der Biber. Selbst den asiatischen Laubbockkäfer sieht sie nicht als das dringendste Problem im Wald. Wirklich Sorgen macht ihr etwas, das es schon seit Jahren gibt, das in der öffentlichen Wahrnehmung aber in den Hintergrund getreten ist - das Eschentriebsterben. Vor allem die Isarauen sind davon betroffen, weil Eschen hier 40 Prozent der Laubbäume ausmachen. Geht das Sterben so wie bisher weiter, wird das Falsche Weiße Stengelbecherchen, so der Name des verursachenden Pilzes, das Bild der Isarauen massiv verändern. "Das hat schon eine Dimension", sagt Maria Reuther. Erstmals bekannt wurde das Eschentriebsterben im Baltikum, dort sind mittlerweile zwei Drittel der Bäume von dem Pilz aus Südostasien befallen.

Maria Reuther kennt die Stadien genau: Erst bildet sich der einen Millimeter große Pilz auf dem Laub, befällt vor allem junge Blätter, die fleckig werden und abfallen - mit dem Pilz, der sich durch den Wind weiter verteilt. Alle Altersgruppen von Bäumen sind betroffen, je jünger, desto schneller sterben die Eschen, alte Bäume halten jahrelang durch. Erst wenn die Äste fast kahl sind und nur noch Blätterbüschel tragen, weiß Maria Reuther: "Nächstes Jahr ist der Baum tot." Für sie als Staatsförsterin, die jährlich 10 000 Festmeter Holz in ihrem Revier schlagen lässt und verkauft, ist es nicht nur der wirtschaftliche Schaden, der ihr Sorgen bereitet. Und das, obwohl auch das Holz befallener Eschen nur noch für den Ofen taugt, weil es weich wird und die Stammscheibe unschön gezackt.

Massiver ist das Problem der Verkehrssicherungspflicht. Gut 40 Kilometer Wald-, Wander- und Reitwege hat Maria Reuther zu überwachen, größtenteils zu Fuß, und sie muss verhindern, dass Radlern und Spaziergängern Äste auf die Köpfe fallen. Das bedeutet, dass nicht nur sturzgefährdete Bäume und Baumteile am Wegesrand entfernt werden müssen, sondern auch jene, die eine Baumlänge, also rund 30 Meter, in den Wald hinein stehen. Die Esche, sagt die Försterin, "ist kein Totholzerhalter wie die Eiche. Da braucht es nur ein bisschen Wind, dann krachen ganze Stämme um." Wie mit dem Eschensterben umzugehen ist, daran scheiden sich derzeit noch die Geister in der Welt der Förster und Waldbewirtschafter. Zwar gibt es einzelne Baumexemplare, die nicht von dem Pilz befallen werden, und natürlich laufen Versuche mit deren Genmaterial. Aber es dauert, bis Ergebnisse vorliegen, und es ist noch nicht sicher, ob überhaupt resistente Eschen gezüchtet werden können.

Auf die Baumart verzichten mag man in der Forstwirtschaft nicht, das Holz ist schön, hart, der Baum wuchskräftig. Im Isarauwald gehe es allerdings weniger um die Wuchskraft oder Verwertung der Bäume, betont Försterin Reuther, Waldästhetik spiele hier zum Beispiel eine große Rolle. "Es steht im Waldgesetz, Wald muss Wald bleiben, die ökonomische Sichtweise ist im Auwald die Unbedeutendste", sagt sie. Allerdings ist der Isarauwald ohnehin im Umbruch. Weil die Böden wegen der Eintiefung und Befestigung der Isar immer seltener überschwemmt werden, haben feuchtigkeitsliebende Baumarten kaum eine Zukunft, vom allgemeinen Klimawandel ganz abgesehen.

Schwarzpappeln zum Beispiel, die früher in der Au weit verbreitet waren, gibt es heute nur noch an einzelnen Stellen. Maria Reuthers Favorit für die Nachfolge der Esche ist deshalb die Buche: "Die ist im Auwald schon typisch und steht dort an trockeneren Standorten." Eschen, hofft sie, wird es aber auch in Zukunft noch geben, "die wenigen resistenten Bäume samen ja weiter aus, ich denke, die Natur regelt das schon."

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