Mein Jahr 2016:Integration durch Begegnung

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(Foto: oh)

Elke Degelmann organisiert Spieletreffs für Flüchtlingskinder

Von Angie Fuchs

Normalerweise ist Elke Degelmann Lehrerin für Latein und katholische Religion am Camerloher Gymnasium in Freising. Doch einmal in der Woche, jeden Mittwochnachmittag, steht etwas ganz anderes auf ihrem Stundenplan: spielen. Die 58-Jährige ist eine der Leiterinnen der Spielgruppe für Flüchtlingskinder. Sie freut sich riesig über den Zusammenhalt, der im Laufe des Jahres in dieser Gruppe entstanden ist. Kurz nachdem das Container-Dorf im November 2015 aufgestellt worden war, organisierte sie zusammen mit Gerti Pöppel, ebenfalls Lehrerin am Camerloher, zunächst ein Willkommensfest, später eine Weihnachtsgeschenkeaktion für die Dorfbewohner. "Wir wollten, dass die Nachbarschaft gut ist", betont Degelmann. Einige Schülerinnen wollten sich auch engagieren. So entstand die Idee zur Spielgruppe, in der 15 bis 20 Kinder zwischen drei und zehn Jahren Abwechslung zum Containeralltag geboten wird.

Fünf Schüler-Mütter unterstützen die beiden Lehrerinnen abwechselnd, ebenso Schülerinnen der 8a und der 7c. Schüler und Eltern spendeten Spielsachen - Matchbox-Autos, Bälle, Lego, Bücher - und auch Geld, "davon zehren wir noch immer". Um die Kinder im Container-Dorf auf sich aufmerksam zu machen, bastelten sie Blumen, auf welchen "Spieltreff" in verschiedenen Sprachen stand. "Wir sind dann durch das Dorf gelaufen wie der Rattenfänger von Hameln", erzählt die Lehrerin lachend. Mit einer Mundharmonika spielten sie auf, und alle interessierten Kinder kamen herausgelaufen und folgten ihnen. Anfangs mit Eltern, später ohne.

"Wir haben hier Kinder, mit denen können wir kein Wort sprechen - aber wir versuchen es übers Spielen", erklärt sie. Es funktioniert. Die Gruppe hat bewiesen, dass Integration am besten durch Begegnung funktioniert. Die Mädchen und Jungen aus Afghanistan, Nigeria, Syrien oder Iran lernen beim Spielen nicht nur soziale Kompetenz, sondern auch die Sprache: "Sei es nur beim Streiten um ein Spielzeug." Die Gruppenmitglieder haben einander über die Monate ins Herz geschlossen: "Am Anfang hat jeder allein gespielt. Jetzt umarmen sich viele zum Abschied."

Seit September wird aber nicht mehr nur gespielt: Während die Jüngeren toben dürfen, wird im Nebenraum auch eine Hausaufgabenbetreuung angeboten. Mädchen der 8a unterstützen die Grundschüler, die etwas Hilfe gebrauchen können. Zudem verstärken Mitarbeiter des Kreisjugendrings das Team. Degelmann ist durch dieses Engagement zur Ansprechpartnerin in Sachen Flüchtlingshilfe am Camerloher geworden. Sie freut sich, dass viele Lehrer das Thema Flucht auch in ihren Unterricht integrieren. Denn: "Wenn ich über etwas Bescheid weiß, dann red ich auch nicht blöd daher."

© SZ vom 27.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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