Die Kassen in Marzling sind leer, die etwa 3300 Einwohner zählende Gemeinde vor den Toren Freisings ist hoch verschuldet. Auf etwa 6,3 Millionen Euro belaufen sich die Schulden in diesem Jahr, bis 2028 könnten sie – je nachdem welche Projekte tatsächlich umgesetzt werden – sogar auf über zehn Millionen ansteigen. Die Pflichtaufgaben können zwar erfüllt werden, betont Bürgermeister Martin Ernst. Aber: „Natürlich können wir finanzielle Mittel gut brauchen.“
Deshalb kam man schon im vergangenen Jahr auf die Idee, ein gemeindeeigenes Grundstück zu verkaufen, um neues Geld in die Kasse zu spülen. Der Gemeinderat stimmte dem Vorhaben notgedrungen zu. Gut 2000 Quadratmeter umfasst die zentral gelegene Fläche, die als Mischgebiet ausgewiesen ist. Die beauftragte Gutachterin gab dafür einen Verkaufspreis von 1,8 Millionen Euro an. In einem Bieterverfahren konnten danach bis zum 28. April Angebote abgegeben werden. Es gab aber kein einziges. Er habe zwar einige Gespräche geführt, sagt der Bürgermeister. „Aber einen Käufer haben wir nicht gefunden.“
Interessiert war und ist an dem Grundstück eine neu gegründete Interessengemeinschaft Marzlinger Bürgerinnen und Bürger. Vier Gemeinderäte, die sich nach der entscheidenden Gemeinderatssitzung privat zu einem Brainstorming trafen, hatten schon im vergangenen Winter eine Vision: Nämlich die, das besagte Grundstück gemeinsam mit Marzlingern zu kaufen. „Wir wollen verhindern, dass es von einem Investor, der damit nur Profit erzielen will, bebaut wird“, sagt Thomas Sellmeir, einer der Initiatoren. Ihr Ziel sei, das Grundstück nach dem Kauf im Sinne der Ortsentwicklung mit maximaler Bürgerbeteiligung zu bebauen. Dafür soll eine Bürgergenossenschaft gegründet werden. „Wir wollen das gemeinsam mit der Bevölkerung auf den Weg bringen.“
Die Initiatoren luden Ende 2024 zu einer öffentlichen Veranstaltung, die Resonanz war enorm groß. Seitdem können die Marzlinger Absichtserklärungen, dass sie sich beteiligen und Mitglied in der geplanten Genossenschaft werden wollen, abgeben. Die Mindesteinlage für eine Beteiligung beträgt 2500 Euro. Mittlerweile gebe es etwa 80 Unterzeichner, zwischen 1,3 und 1,4 Millionen Euro seien inzwischen bereits zusammen. 1,8 Millionen Euro aber könne man sich nicht leisten, sagt Sellmeir.

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Die künftigen Mitglieder konnten unter verschiedenen Vorschlägen – unter anderem ein eigenes Rathaus, neue Wohnungen oder seniorengerechten Wohnraum – wählen, was auf dem Grundstück entstehen soll. Das Betreute Wohnen bekam die meisten Stimmen. Angesichts der grauen Wohnungsnot eine verständliche Entscheidung, sagt Sellmeir. Er sei zuversichtlich, dass das Projekt „Bürgerbaugenossenschaft Marzling“ realisierbar ist. „Viele wollen mitmachen. Die Gemeinde sollte uns das ermöglichen.“ Man sei im Gespräch, er hofft auf eine Lösung. Geplant ist aber schon jetzt der Termin für den Kick-off – die Genossenschaftsgründung soll zeitnah erfolgen. Man wartet nur noch auf grünes Licht von der Kommunalaufsicht.
Die Gemeinde will noch ein zweites Grundstück verkaufen
Dass es Gespräche mit der Interessengemeinschaft gab, bestätigt Bürgermeister Martin Ernst. Für ihn als Bürgermeister gelte aber das Neutralitätsgebot, er müsse seine Amtsgeschäfte unparteiisch und objektiv führen und könne die Interessengemeinschaft nicht bevorteilen. Da das Grundstück bislang keinen Käufer fand, wird es nun von der Gutachterin erneut bewertet und dem aktuellen Verkehrswert angepasst. Das neue Angebot werde vermutlich niedriger ausfallen – und das Grundstück dann hoffentlich bald verkauft werden können, sagt Ernst.
Parallel dazu wird die Gemeinde aber noch ein weiteres eigenes Grundstück zum Verkauf anbieten. Auch das liegt zentral, umfasst knapp 2350 Quadratmeter und ist als reines Wohngebiet ausgewiesen, „und damit wahrscheinlich für einen Investor interessanter“, sagt Ernst. Bei dem ersten Grundstück handele es sich um ein Mischgebiet, dort sei Wohnen nur in den Obergeschossen möglich.
„Es sind zwei sehr schöne Grundstücke, aus der die Gemeinde selbst etwas machen könnte“, sagt der Bürgermeister. „Aber die wirtschaftliche Lage erfordert den Verkauf.“ Die Aufgaben der Kommunen werden immer mehr, die Zuschüsse von der großen Politik seien zu niedrig. Seit Corona seien in der Gemeinde die Gewerbesteuereinnahmen drastisch gesunken, in den fünf Jahren nach 2019 jährlich um gut 1,1 Millionen Euro. „Das macht sich natürlich auch bemerkbar“, sagt Martin Ernst.