Kräuterweihe zu Mariä Himmelfahrt:Brauchtum mit heilender Wirkung

Lesezeit: 3 Min.

Die Kräuterbuschen werden vorher gebunden und dann beim Gottesdienst gesegnet. (Foto: Marco Einfeldt)

Miriam Crämer ist Kräuterexpertin. Sie weiß, wo man Johanniskraut, Schafgarbe, Beifuß und Rainfarn findet und wofür sie gut sein können. Einst hat man die Kräuter schweigend oder nur bei Mondschein gesammelt. Ihr ist vor allem wichtig, die Pflanzen mit Respekt zu behandeln.

Von Laura Stretz, Freising

An Mariä Himmelfahrt ist die traditionelle Kräuterweihe ein wichtiger Brauch. Laut einer Erzählung des Johannes von Damaskus erfüllte Kräuterduft Marias Grab. Das gilt als Ursprung des Brauches. Kräuterexpertin Miriam Crämer erzählt im Gespräch mit der SZ, welche Wirkungen die Kräuter haben, wo man sie sammeln kann und worauf man besonders achten sollte, um sie nicht mit giftigen Doppelgängern zu verwechseln.

Wie wird der Kräuterstrauß für Mariä Himmelfahrt gebunden? 

Wenn man einen Himmelfahrtsbuschen macht, nimmt man normalerweise ganze, frische Pflanzen und bindet diese zu einem Strauß zusammen. Man benutzt zum Beispiel Johanniskraut, Schafgarbe, Beifuß, Rainfarn oder das Berufskraut. Traditionell ist die Königskerze wichtig, denn sie bildet die Mitte des Straußes. Dies stellt sich mittlerweile allerdings als schwierig heraus, da die Pflanze geschützt wird und man sie selbst im Garten haben müsste. Generell sind es lauter regionale Kräuter, da früher das gesammelt wurde, was direkt vor der Haustür zu finden war.

Auf welche traditionellen Bräuche wird geachtet?

Man glaubte früher daran, eine magische Zahl an Kräuter zu verwenden. Meistens werden es also sieben, neun, zwölf oder auch dreiunddreißig unterschiedliche Kräuter, wenn man so viele gefunden hat. Früher war es bedeutungsvoll schutzmagische und heilende Kräuter zu mischen. Es gibt auch Hinweise, dass man die Kräuter schweigend oder bei Mondschein sammeln solle. Das wird heutzutage nicht mehr so gemacht. Ich finde vor allem wichtig, die Pflanzen mit Respekt zu sammeln.

Welche Wirkungen haben die Kräuter?

Oft wurde geglaubt, dass man zum Beispiel vom Nachbarn verflucht werde oder jemand einem etwas Schlechtes wolle. Dagegen sollte das Berufskraut helfen. Der Name des Berufskrautes kommt nicht von Beruf, sondern lässt sich von „berufen“ ableiten, ein altes Wort für Verfluchen. Außerdem hatte man früher immer ein offenes Feuer. Wenn etwa ein Gewitter kam, hat man das Johanniskraut aus dem Strauß genommen und als Schutz vor Blitzschlag ins Feuer geworfen.

Auch wenn jemand krank wurde, konnte man einfach etwas Passendes aus dem Strauß pflücken und machte gegen Halsschmerzen, Husten oder Bauchschmerzen einen Tee. Die Schafgarbe ist in der traditionell angewendeten Volksmedizin ein Allheilmittel, wie die Kamille. Das Johanniskraut dient sowohl als schutzmagisches Kraut, als auch als Heilpflanze bei Nervenbeschwerden. Beim Beifuß ist Vorsicht geboten, da mittlerweile viele Menschen auf diesen allergisch reagieren.

Wildkräuter-Expertin Miriam Crämer (Foto: Johannes Simon)

Welche Rolle spielt die Kräuterweihe für die Wirkung?

Ich glaube, die Weihe verleiht den Kräutern eine besondere Bedeutung. Jedoch hat es schon eine heilende Wirkung nach draußen zu gehen, sich in der Natur aufzuhalten und Kräuter zu sammeln. Früher war der Himmelfahrtsbuschen lebendig, man hat ihn das ganze Jahr genutzt, bis alles aufgebraucht war. Das finde ich total schön. Heutzutage verstaubt er oft im Herrgottswinkel. Es heißt nicht umsonst Brauchtum: Man sollte den Kräuterbüschel auch benutzen und die Kräuter räuchern oder sich mal einen Tee machen.

Wo kann man hier in der Region Kräuter sammeln?

Man sollte auf jeden Fall nicht direkt am Flughafen, an Straßen oder Äckern sammeln, da es dort immer Gifte gibt. Ich finde, hier ist es am besten in Amper- und Isarnähe. Dort gibt es oft Vogelschutzgebiete, die naturbelassen sind. Ansonsten wächst in den Bergen noch am meisten, auch wenn diese nicht direkt ums Eck sind.

Gibt es giftige Doppelgänger der Kräuter? Worauf sollte man beim Sammeln achten?

Ich würde grundsätzlich immer nur die Kräuter sammeln, bei denen ich mir zu hundert Prozent sicher bin. Bei uns wächst sehr oft der giftige Schierling, den sammelt man nur einmal. Manchmal wird das Johanniskraut mit dem Jakobskreuzkraut verwechselt, weil beide Pflanzen gelb sind. Doch es gibt einen einfachen Test: Man nimmt eine Blüte und zerdrückt diese in der Hand. Ist es das Johanniskraut, sollte die zerriebene Blüte wegen des heilenden Wirkstoffes rot werden.

Welche Hilfsmittel sind geeignet, um Kräuter richtig zu erkennen?

Apps nutze ich nur richtungsführend, wenn ich mich mal irgendwo nicht auskenne. Man sollte vorsichtig sein, denn ich hatte mit Apps schon oft Fehlschläge. Deshalb mag ich Bestimmungsbücher lieber. Ich befinde mich am Waldrand, ein Standort perfekt geeignet zum Kräutersammeln und für meine Kräuterkurse. Generell würde ich empfehlen, erst einmal mit jemandem loszuziehen, der sich auskennt. Es gibt sehr viele Tricks, um Kräuter richtig zu erkennen. Außerdem ist es wichtig, die Kräuter einmal mit allen Sinnen erfahren zu haben, sie in der Hand zu halten, zu schmecken und zu riechen. Dann erkennt man sie viel leichter wieder.

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