Mangel:"Wir haben zu wenig Lehrer und der Nachwuchs steckt noch im Studium"

Unterricht in der Grundschule

Um den Lehrermangel auszugleichen sind die mobilen Reserven mittlerweile ebenso ausgereizt, wie der Einsatz von Ersatzkräften (Symbolbild).

(Foto: dpa)

An Grundschulen herrscht akuter Lehrermangel - auch im Landkreis Freising. Zwar sieht noch niemand einen Grund zur Panik, mehr als die Pflichtstunden aber sind kaum noch zu leisten.

Von Alexandra Vettori, Freising

Gewerkschaften und Lehrerverbände schlagen Alarm, denn an Bayerns Grundschulen fehlen viele Lehrer. Neben der ohnehin knappen Personaldecke, tut derzeit eine Schnupfenwelle das ihre, dazu gehen zum Halbjahr Ende Februar laut Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) bayernweit rund 450 Lehrer in den Ruhestand. Im Landkreis Freising ist die Situation an den 28 öffentlichen Grund- und zehn Mittelschulen zwar nicht dramatisch, angespannt aber durchaus.

"Wir haben definitiv zu wenig Lehrer und der Nachwuchs steckt derzeit noch im Studium", sagt Kerstin Rehm, die Kreisvorsitzende des Bayerischen Lehrerverbands (BLLV). Die Mobilen Reserven seien ebenso ausgereizt, wie der Einsatz von Ersatzkräften, etwa umgeschulten Gymnasial- und Realschullehrern, oder der von Lehramtsstudenten, die noch nicht fertig mit der Ausbildung sind. Diese Maßnahmen haben zwar geholfen, Engpässe zu überwinden, sind aber nicht unumstritten.

Den Einsatz von Ersatzlehrern sieht der Schulleiter kritisch. "Das signalisiert, dass unseren Job jeder machen kann"

"Sie müssen mit einem Grundschulkind und einem Mittelschuljugendlichen ganz anders umgehen, als mit einem Gymnasiasten. Die Pädagogik-Ausbildung ist deshalb völlig anders", so Rehm. Dazu komme das Klassenlehrerprinzip in der Grundschule, nach dem eine Lehrkraft fast alle Schulfächer abdeckt. "Wir sind Allrounder", sagt die ehemalige Grundschulleiterin, "und weniger auf das Fachprinzip hin abgestellt. Und die Schüler, die brauchen das auch."

Rudolf Weichs, Leiter der Grund- und Mittelschule Hallbergmoos, und stellvertretender Kreisverbandsvorsitzender des BLLV, sieht die Sache mit den Ersatzlehrern noch kritischer: "Mittel- und langfristig kann es das nicht sein. Das signalisiert, dass unseren Job jeder machen kann." Gerade bei Lehramtsstudenten, die noch vor dem Referendariat an Schulen eingesetzt würden, würden die Leute ins kalte Wasser geworfen. "Die richtige Lehrerausbildung findet erst in der Referendariatszeit statt", betont Weichs.

Mangel: Keinen Grund zur Panik gibt es an der Hallbergmooser Grundschule. "Die Grundversorgung ist gesichert - aber die schönen Dinge, die wir früher machen konnten, sind weitestgehend eingestampft", sagt Schulleiter Weichs.

Keinen Grund zur Panik gibt es an der Hallbergmooser Grundschule. "Die Grundversorgung ist gesichert - aber die schönen Dinge, die wir früher machen konnten, sind weitestgehend eingestampft", sagt Schulleiter Weichs.

(Foto: Marco Einfeldt)

Auch an seiner eigenen Schule gebe es derzeit keinen Grund zur Panik, aber doch zur Kritik: "Die Grundversorgung ist gesichert, wir können nach Stundentafel unterrichten, also die Pflichtstunden - aber die schönen Dinge, die wir früher machen konnten, sind weitestgehend eingestampft." Zu den schönen Dingen gehörten etwa die Arbeitsgemeinschaften, wie es sie früher an seiner Schule gab, den Hörclub, Theater, kreatives Gestalten oder Chor. Heuer gibt es noch genau zwei Arbeitsgemeinschaften an der Hallbergmooser Grundschule, die Schulgarten AG und die Computer AG. Der Grund: Die Lehrer zur Betreuung fehlen.

Das sagt auch Bernhard Kindler, stellvertretender Leiter des Freisinger Schulamts, das für die Grund- und Mittelschulen im Landkreis zuständig ist: "Die Zusatzangebote an den Schulen leiden." Immerhin, betont er, habe man aber alle Klassen besetzen können, auch wenn die Lehrkräfte der mobilen Reserve überall im Landkreis unterwegs sind, um erkrankte Kollegen zu ersetzen. Das Stundenkonto der Mobilen Reserve könne sich sehen lassen, doch die zugeteilten 1000 Stunden würden derzeit auch gebraucht.

Die Erfahrungen mit den Ersatzkräften, betont er, "sind zu 95 Prozent positiv". Gymnasial- und Realschullehrer haben eine ein- bis zweijährige Phase zu absolvieren, in der sie sich umschulen können, um danach in ein Beamtenverhältnis übernommen zu werden. Im Landkreis seien das derzeit gut 20 Leute, zum Halbjahr nach den Faschingsferien kämen weitere vier Lehrer dazu. Und auch in einem weiteren Punkt läuft es im Landkreis glimpflich ab: Laut Kindler geht zum Halbjahr nur eine Lehrkraft in Pension, der große Schwung erst zum Schuljahresende.

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