Literarischer Herbst:Variationen zum Thema "Macht"

Weiter im Text, Jugendliche lesen aus unveröffentlichten Texten

Dionyso Di Kinski, Hannah Drobinoha, Laura Schönhärl und Manuel Endraß haben am Freitag im Jugendzentrum noch unveröffentlichte Texte vorgestellt.

(Foto: Andreas Gebert)

In der Reihe "Weiter im Text" im Literarischen Herbst lesen im Freisinger Jugendzentrum junge Autoren aus ihren noch unveröffentlichten Werken. Das Publikum erlebt einen spannenden Abend

Von Florian Beck

Der Veranstaltungsraum des Jugendzentrums an der Kölblstraße war wieder einmal fein hergerichtet, auf den mit je vier Stühlen versehenen Tischen lagen Tischdecken, darauf eine Schüssel mit Snacks. Ein angenehm gedimmtes Licht schuf zusammen mit leichter Musik eine ganz und gar passende Atmosphäre für "Weiter im Text", die Veranstaltung, die zusammen mit einer Ausstellungseröffnung im Alten Gefängnis den Startschuss für den diesjährigen "Literarischen Herbst" in Freising gegeben hat. Und was war das für ein fulminanter Auftakt.

Organisiert von Laura Schönhärl sollten an diesem Abend besonders die Werke junger Autoren im Fokus stehen. Schönhärl, die selbst bereits ein eigenes Buch namens "Die halbe Wahrheit" herausgebracht hat, sagte dem aus weniger als 20 Personen bestehenden - und damit eigentlich viel zu kleinen - Publikum auch gleich die erste Vortragende an: Hannah Drobinoha, 17 Jahre alt. Drobinoha gab ein Gedicht und eine Kurzgeschichte zum Besten, beides aus der Feder von Alexandra Jähnel, einer Freundin von ihr, die aufgrund ihres Studiums in Österreich leider nicht anwesend sein konnte.

Das Publikum hörte zuerst ein Gedicht, das von einer Beziehung des lyrischen Ichs handelt, die aufgrund der dominanten Art des Partners von der Gesellschaft kritisch betrachtet wird. Dann kam die äußerst bewegende Kurzgeschichte, die von einem Mädchen in einer Pflegefamilie erzählt, die von der Tochter des Pflegevaters gehänselt wird und schließlich bei einem Ausbruchsversuch aus dessen Haus an der Kante des Dachs steht und über einen wohl todbringenden Sprung in die Tiefe nachdenkt. Beide brachten das Publikum auf grandiose Art zum Nachdenken über Macht, das Thema des Abends. Zentrale These bei Jähnels Texten war dabei, dass Macht an sich weder gut noch schlecht sei, sondern dass es immer darauf ankomme, wer sie ausübt.

Als Nächster war Manuel Endraß an der Reihe. Der 20-Jährige las eine fulminante Kurzgeschichte über einen Beziehungsstreit eines Pärchens vor, in dem es darum ging, dass der Partner den Ich-Erzähler betrogen hatte, dies aber anschließend bereute. Die Macht lag da ganz beim lyrischen Ich, welches es sichtlich genoss, den Freund weiter und weiter zappeln zu lassen. Endraß beschrieb dabei mit Hilfe metaphorischer Sprache extrem genau die Gefühlslage der beiden Liebenden, so dass sich die Zuhörer wunderbar selbst in die Lage des Erzählers versetzen konnten.

Anschließend kündigte Birgit Schwaiger, die Leiterin des Jugendzentrums, noch Laura Schönhärl an, die Organisatorin, die selbst auch eine Kurzgeschichte beisteuerte. Darin ging es um die sechzehnjährige Ada, die im Safe ihres Vaters eines Tages eine alte Wehrmachts-Pistole findet und sich diese in den Mund steckt, obwohl sie für einen Suizid eigentlich keinen Grund hätte. Die treibende Kraft hinter ihrem Handeln ist schlicht und einfach das Gefühl unendlicher Macht, welches sie beim Ertasten des Abzugs durchströmt und damit gleichzeitig den verhassten Spruch ihres Vaters, Wissen sei Macht, in ihren Augen endgültig widerlegt - auch das ein höchst beeindruckender Zugang zu dem Thema dieses Abends.

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