Lernen im Klinikum Freising:In der ersten Reihe

Lernen im Klinikum Freising: Rollentausch: Stationsleiter Andreas Viktor (l.) begleitet die Schülerinnen ans Bett von Patientin Edith Manke, das Sagen aber hat er nicht.

Rollentausch: Stationsleiter Andreas Viktor (l.) begleitet die Schülerinnen ans Bett von Patientin Edith Manke, das Sagen aber hat er nicht.

(Foto: Marco Einfeldt)

Pflegeschüler leiten zehn Tage lang eigenständig eine Station im Freisinger Klinikum und lernen unter praxisnahen Bedingungen, Verantwortung zu übernehmen. Das etablierte Personal steht im Hintergrund für Rückfragen bereit

Von Petra Schnirch, Freising

Für die 20 Schüler ist es eine wichtige Erfahrung, bevor sie als examinierte Krankenpflegerinnen und Krankenpfleger in wenigen Monaten die Schule verlassen werden: Für insgesamt zehn Tage haben sie die Station B 3 im Freisinger Klinikum übernommen. Das heißt: Die angehenden Pflegekräfte kümmern sich nicht nur selbständig um die Patienten, sondern auch um Organisation und Dienstpläne. "Das ist eine große Herausforderung", sagt Examenskandidatin Anna Hardenbicker am Tag sechs des Experiments, "es hat aber einen enormen Lerneffekt".

Das Projekt Schulstation findet am Klinikum zum ersten Mal statt, Freising ist in Südbayern damit einer der Vorreiter. Der Anstoß dazu kam von Karl Heinz Kaiser, dem stellvertretenden Leiter der Berufsfachschule für Krankenpflege in Freising. Das Wichtigste sei, dass die Schüler lernten, Verantwortung zu tragen. Nach ihrem Examen stünden sie ohnehin an "vorderster Front".

Dafür werden sie auf der Schulstation entsprechend vorbereitet. Die Schüler arbeiten zwar unter realitätsnahen Bedingungen, das reguläre Pflegepersonal aber ist bei Rückfragen immer in Reichweite und überprüft regelmäßig, ob ihre Vertreter alles richtig machen. Die Patienten der Station B 3 für Allgemein- und Viszeral-Chirurgie - dort gibt es 40 Betten - erklärten sich alle einverstanden und auch die Ärzte zogen mit.

Normalerweise begleiten die Schüler die Pflegekräfte bei ihren Praktika im Krankenhaus. Nun hat sich das Verhältnis für zehn Tage umgekehrt. Sie sind von der zweiten in die erste Reihe vorgerückt, müssen eigenverantwortlich entscheiden, die Abläufe auf der Station selbst organisieren, Bestellungen für das Essen, für die Apotheke aufnehmen, Anrufe beantworten - eben alles, was die Mitarbeiter neben der Betreuung der Patienten regeln müssen. "Es ist aber immer jemand im Hintergrund, den man fragen kann", sagt Examenskandidatin Giulia Herb. Als "Feuerwehr" sozusagen, wie es Schulleiterin Eva Gall nennt. Der "Theorie-Praxis-Transfer", die Konfrontation mit dem "Komplett-Paket" einer Station, sei eine ganz wichtige Erfahrung. Manche Schüler hätten zu Beginn "Muffensausen" gehabt. Es sei spannend zu sehen, wie einige in der Praxis aufblühen, andere dagegen hielten sich, anders als in der Schule, eher zurück. Auch für das Personal ist der Rollentausch nicht ganz einfach, wie Tina Wohlrath, die stellvertretende Stationsleiterin, schildert. Anfangs sei es schwierig gewesen einzuschätzen, was die Schüler können, was man kontrollieren müsse und wie weit man sich zurückhalten sollte. "Das hat zwei, drei Tage gedauert." Motiviert seien die Schüler jedenfalls bis in die "Haarspitzen", lobt eine der Krankenschwestern der Station. Auch wenn naturgemäß alles noch etwas langsamer geht, wie die angehenden Pflegekräfte selbst einräumen.

Die Vorbereitungen für die Schulstation dauerten über ein Jahr. Es gab Fortbildungen für das Lehrpersonal, es mussten Genehmigungen eingeholt und Absprachen mit den Ärzten getroffen werden. Das Projekt soll künftig nach Möglichkeit einmal im Jahr stattfinden, jeweils etwa sechs Monate vor dem Examen. Landrat Josef Hauner, zugleich Vorsitzender des Aufsichtsrats, begrüßte es, dass das Klinikum "so innovative Wege" beschreite. Die Berufsfachschule für Krankenpflege sei eine wichtige Einrichtung, um den Nachwuchs für das eigene Haus zu sichern. Er bestärkte die Verantwortlichen darin, in dieser Richtung weiterzugehen.

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