Lebenshilfe Freising:Dauerhafte Wertschätzung

Auch nach der Krise soll die Arbeit der Pflegekräfte gewürdigt werden

Von Petra Schnirch, Freising

In diesen Tagen gibt es immer wieder spontanen Applaus für Pflegerinnen und Pfleger. Barbara Stamm, Landesvorsitzende der Lebenshilfe, spricht von einem "tollen Zeichen des Danks und der Wertschätzung" in der Corona-Krise. Auch Evi Hübl, Leiterin des Anneliese-Schweinberger-Hauses in Moosburg, hat ähnliche Erfahrungen gemacht. In dem Wohnhaus der Lebenshilfe werden Menschen mit Mehrfachbehinderung betreut. Jetzt passiere es schon mal, dass Angehörige einen Kuchen oder Blumen vorbeibringen, erzählt Hübl. Ganz sicher, dass diese Zuwendung die Zeit der Krise überleben wird, ist sie sich aber nicht. Aber sie hofft, dass eine Diskussion in Gang kommt.

Barbara Stamm nutzt den "internationalen Tag der Pflege" am Dienstag, um an die "soziale Gemeinschaft" zu appellieren, den Einsatz der Pflegekräfte auch künftig entsprechend zu würdigen - dazu gehört für sie eine angemessene Bezahlung. Monika Haslberger, Vorsitzende der Freisinger Lebenshilfe, kann dies nur unterstreichen. Zwar plane die Staatsregierung eine Sonderzahlung für Pflegekräfte wegen der zusätzlichen Belastungen durch die aktuelle Krise. Wichtig wäre aber eine dauerhafte finanzielle Wertschätzung, sagt Haslberger.

Schwierig ist die Situation derzeit sowohl für Personal als auch für Betreute und Angehörige. Es sei anstrengend, den ganzen Tag mit Mundschutz zu arbeiten, schildert Evi Hübl. Anfangs habe sie schon nach 15 Minuten das Gefühl gehabt, sie bekomme keine Luft mehr. Inzwischen habe sie sich dran gewöhnt, aber man sei einfach müder, weil man weniger Sauerstoff bekomme. Für viele Betreute sei es schwierig zu verstehen, dass sie Abstand halten sollen, sagt Monika Haslberger, "die Menschen haben gern ein bisschen Nähe". Krankengymnastik, Ergotherapien und andere Förderstunden sind weggefallen. In der Frühförderung gibt es nur noch Beratungen per Video und Telefon.

Für pflegende Angehörige wiederum ist teilweise die Betreuung weggebrochen. Eltern, die nun ein erwachsenes Kind daheim betreuen müssen, würden stark belastet. Andere wie Haslberger, deren Tochter in einem Wohnheim lebt, konnten ihre Kinder wegen des Besuchsverbots sechs Wochen lang nicht sehen. Nun sind kurze Besuche erlaubt, aber keine Umarmungen. Gerade das aber sei für viele Betreute sehr wichtig. "Es ist schwierig", sagt Haslberger, vor allem weil eine Kommunikation teilweise nur eingeschränkt möglich sei.

Die Vorsitzende der Lebenshilfe hofft, dass sich die Situation bald normalisieren wird. Erste Schritte dahin gibt es. Die Isar-Sempt-Werkstätten sollen wieder öffnen - mit Auflagen. Deshalb ist laut Haslberger nur ein Teilbetrieb möglich. Die Notbetreuung in den Kitas wird ausgeweitet, hier wolle man auch schauen, welche Familien entlastet werden müssten, so Haslberger. Einige der Kinder hätten einen "sehr hohen Förderbedarf". Dennoch spricht sie sich dafür aus, bei der Lockerung der Auflagen vorsichtig zu sein. Bisher gebe es in den Wohnheimen der Lebenshilfe keinen Corona-Fall. Man sei darauf vorbereitet, aber gerade für Bewohner, die das nicht verstehen können, wäre eine Isolierung im Notfall schlimm.

Dass sich derzeit viele Menschen bei Pflegerinnen und Pflegern bedanken, "ist eine schöne Geste", sagt Monika Haslberger. Sie hofft, dass eine gesellschaftliche und politische Diskussion über Bezahlung und Arbeitsbedingungen nach Corona weitergehen wird. "Das ist vielleicht eine Chance, mehr zu erreichen." Evi Hübl ist vor allem wichtig, mehr Zeit für die Betreuten zu haben - unter dem Strich heißt das: mehr Personal. "Ich hoffe, dass die Wertschätzung bleibt". Dann werde es auch leichter, junge Leute für den Pflegeberuf zu interessieren. Auch hier hat sie erstaunliche Erfahrungen gemacht. 2019 habe es so gut wie keine Bewerbungen gegeben, erzählt sie. In den vergangenen Wochen seien bereits mehrere eingegangen.

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