Der neue Domrektor:Den Menschen nah sein

Der neue Domrektor: Der Freisinger Domrektor Marc-Aeilko Aris wird mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.

Der Freisinger Domrektor Marc-Aeilko Aris wird mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.

(Foto: Marco Einfeldt)

Marc-Aeilko Aris wurde als Kind evangelisch getauft und konvertierte als 18-Jähriger nach einem Klosterbesuch zum katholischen Glauben. Als neuer Domrektor will er den Gottesdienst zeitgemäß gestalten.

Von Gudrun Regelein, Freising

Bücher - überall Bücher. An fast allen Wänden des Häuschens, das der neue Domrektor Marc-Aeilko Aris auf dem Domberg bewohnt, stehen Buchregale, sogar in dem schmalen Gang. "Das sind etwa 650 laufende Meter, oder 20 000 Bücher", sagt der Philologieprofessor. Es waren auch Bücher, die ihn zum Priester werden ließen.

Eigentlich sei er nie besonders religiös gewesen, erzählt Aris. Er sei zwar im Alter von einem Jahr getauft worden - und zwar evangelisch - war aber nie ein wirklicher Kirchgänger. Aris, ein in Deutschland geborener Holländer, wuchs in Wiesbaden in einer Patchwork-Familie auf, er wurde stark von seinem Großvater geprägt. "Und der ging mit mir sonntags statt in den Gottesdienst ins Museum." Zum Glauben fand er erst später, mit 18 Jahren, in der Bibliothek des Benediktinerklosters Engelberg in der Schweiz. Dort entdeckte er alte Handschriften, darunter Briefe Ciceros. Ein Mönch hatte die lateinischen Texte im 9. Jahrhundert abgeschrieben. Es habe ihn zutiefst beeindruckt, dass eine säkulare Handschrift in einer katholischen Klosterbibliothek in Ehren gehalten wurde, sagt Aris. Noch mehr aber habe ihn berührt, dass ein Mönch in monatelanger Arbeit mühsam die Briefe abgeschrieben habe. Ein Mönch, der sein Leben der Religion gewidmet hatte kopierte Texte ohne jeglichen Bezug zu Gott. Das Erlebnis veränderte Aris Leben nachhaltig: Er konvertierte zum Katholizismus und studierte katholische Theologie. 1985 wurde er in Fulda zum Priester geweiht. Aber auch seiner Leidenschaft für Bücher folgte Aris noch. Er ist Literaturwissenschaftler, seit 2005 lehrt er Lateinische Philologie des Mittelalters an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität, seit 2013 ist er dort Universitätsprediger. Seit einigen Wochen ist er nun auch noch Domrektor - an diesem Sonntag wird ihm dieses Amt bei einem Gottesdienst im Mariendom offiziell übergeben.

Freising sei ihm nicht fremd, sagt der 57-Jährige. "Ich bin vertraut mit der Geschichte des Doms", sagt er. Hier wirkte er bereits bis 2013 als Priester und Seelsorger. Seit zehn Jahren lebt Aris bereits auf dem Domberg, für ihn einer der atmosphärisch dichtesten Orte Freisings, und pendelt häufig nach München zur Uni. Seine beiden anderen Berufe werde er auch nicht aufgeben, sondern einfach einen weiteren zusätzlich ausüben. Wie er das bewerkstelligen wird? "Ich habe gute und motivierte Mitarbeiter", antwortet Aris. Er schätze die flache Hierarchie, "alle im Team haben ein gemeinsames Ziel". Zudem stehe er früh morgens um sechs Uhr auf - und sein Tag dauert nicht selten bis Mitternacht.

Auf dem Domberg sei vieles im Umbruch, sagt Aris. Kompetenzen seien entflochten worden, so leite er nicht mehr - wie sein Vorgänger, der Monsignore Rainer Boeck, - das Bildungszentrum Kardinal-Döpfner-Haus. Er werde sich auf den Mariendom, auf die Gottesdienste dort konzentrieren. Dort seien die Renovierungsarbeiten noch nicht ganz abgeschlossen. Zuständig sei er zudem für die zugehörigen Domstiftungskirchen und die Kapellen im Kardinal-Döpfner-Haus. "Es gilt, das spirituelle, liturgische und das kulturelle Leben zu begleiten und zu entfalten", erklärt Aris. Die farbige Vielfalt des Doms spiegele sich in der bunten Gemeinde wider. Es gebe ganz unterschiedliche Gottesdienstgruppen. Eine feste Gemeinde, die regelmäßig da ist, andere, die wegen der Kirchenmusik kommen, dann die zufälligen Besucher, die eigentlich den schönen Dom besuchen wollen. "Es ist beglückend, mit dieser offenen, zugänglichen und wachen Gemeinschaft Gottesdienst zu feiern", schwärmt Aris. Auch viele junge Menschen seien darunter.

Manches aber müsse überprüft oder modifiziert, manches für die Zukunft besser aufgestellt werden: Gottesdienste, die im Format der Siebzigerjahre designt seien, beispielsweise. "Man muss realisieren, dass es ganz andere Menschen sind, die heute kommen." Das veränderte gesellschaftliche und mediale Leben müsse sich im Dom niederschlagen - "sonst sind wir nicht mehr nahe genug am Menschen".

Die Akzente, die Aris als Domrektor setzen will, "ergeben sich aus dem Umstand, dass sich auf dem Domberg viel verändert". Das Kardinal-Döpfner-Haus und das Diözesanmuseum werden geschlossen, ab 2018 sei nur noch der Dom geöffnet. Hier müsse nun Leben kreativ entfaltet werden. Der Neu- und Umbau auf dem Domberg aber sei nur eine Etappe, "wir gehen auf das Jahr 2024 zu", betont er. In diesem wolle man zwei Jubiläen feiern: das 300-jährige Bestehen des Asam-Doms - also des Doms in der Gestaltung der Brüder Asam - und die Ankunft des Heiligen Korbinians in Freising vor 1300 Jahren.

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