Landwirtschaft:Wie Bauern Rehkitze schützen können

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  • Jedes Jahr sterben junge Wildtiere, weil sie sich auf Wiesen verstecken, die gemäht werden.
  • Der Bayerische Bauernverband rät den Landwirten, die Wiesen abzugehen oder von innen nach außen zu mähen.
  • In Zukunft könnten technische Hilfsmittel wie Drohnen oder infrarotgestützte Sensorik eingesetzt werden.

Von Alexandra Vettori, Freising

Die erste Mähaktion auf den Wiesen läuft, das geschnittene Gras lagern die Landwirte in Form von Silage als haltbares Viehfutter ein. Gleichzeitig bringen jetzt im Frühjahr Rehe und Hasen ihre Jungen zur Welt und es schlüpfen bodenbrütende Vögel. Als Kinderstube aber suchen sie sich gerne Wiesen aus, da sie den Jungtieren Schutz und Deckung vor Fressfeinden bieten.

Allerdings macht sie das hohe Gras auch für den Landwirt mit seinem Mähgerät nahezu unsichtbar. Jedes Jahr sterben auf diese Weise Kitze, Junghasen, Fasane und andere Wiesenbrüter einen grausamen Tod. Besonders gefährlich für die jungen Wildtiere ist der natürliche "Drückreflex" in den ersten Lebenswochen, denn er lässt sie sich regungslos in Deckung drücken, anstatt vor den nahenden Messern zu fliehen.

Schwerste Verletzungen und Tod von Bambi und Co können Landwirte nur verhindern, indem sie vor dem Mähen tätig werden. "Die meisten gehen, vielleicht sogar mit ein paar Leuten, am Morgen davor durch die Wiesen, damit die Jungen fliehen", sagt Gerhard Stock, Geschäftsführer des Bayerischen Bauernverbands.

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Der Verband hat gerade einen Appell an die Landwirte gestartet, bei der sogenannten Frühjahrsmahd auf junge Wildtiere zu achten. Besonders geraten wird zu Kooperationen mit den Jägern, die oft wissen, wo die weiblichen Rehe, die Ricken, ihre Kitze versteckt haben und sind meist gerne bereit, mit ihren Hunden beim Vertreiben zu helfen.

In Zukunft könnte die Technik helfen

Wo eine solche Zusammenarbeit nicht möglich ist, rät der Bauernverband zu anderen Maßnahmen, etwa dem Aufstellen von Wildscheuchen einige Tage vor der Mahd. Hier gibt es akustische Vergrämungs-Geräte, die schrille Warntöne von sich geben, es helfen aber auch raschelnde Plastiksäcke auf Pfählen, grelle Blinklichter oder bunte Windräder. Auch die Landwirte hätten ein großes Interesse daran, dass keine Wildtiere zu Schaden kommen, versichert Gerhard Stock, "das mag niemand". Außerdem gefährde durch Wildkörper verunreinigte Silage die Gesundheit der Nutztiere.

Wem all das zu mühsam ist, der kann auch zum einfachsten Mittel greifen, nämlich die Wiesen von innen nach außen zu mähen, statt wie meist, von außen nach innen. Fängt der Bauer innen an, haben die Tiere die größte Fluchtmöglichkeit. Besonders große Wiesen sollten am Vortag rundherum angemäht werden, um das Wild zu beunruhigen und zur Flucht zu veranlassen. Zum Schutz von bodenbrütenden Vögeln und deren Gelegen hilft es auch schon, die Schnitthöhe auf zehn bis 15 Zentimeter zu erhöhen.

Für die Zukunft hoffen Tierschützer und tierliebe Bauern auf die Technik. Landmaschinenhersteller prüfen derzeit mit finanzieller Unterstützung von Bundesforschungs- und Bundeslandwirtschaftsministerium den Einsatz von Wildrettern und Infrarot-Detektoren an Traktoren.

Infrarot-gestützte Sensorik soll die Körperwärme von Wildtieren anzeigen, beispielsweise in tragbaren Wildrettern, mit dem Wiesen vor der Mahd abgegangen werden. Auch am Einsatz von Flugdrohnen wird geforscht, sie überfliegen, ausgerüstet mit einer Wärmebildkamera, Felder und Wiesen und spüren schnell und zuverlässig junge Wildtiere auf.

Beim Maschinenring Freising interessiert man sich vor allem für die Drohnen, wie Geschäftsführer Wolfgang Lang berichtet. "Da sind wir dran, auch wenn es eher nächstes Jahr wird", sagt er. Der Maschinenring organisiert als Verein das gegenseitige Verleihen von Großgerät unter den Landwirten.

© SZ vom 07.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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