Kandidatenportrait zur Landtagswahl:Noch sehr entspannt

Kandidatenportrait zur Landtagswahl: Sollte Jens Barschdorf für die FDP in den Landtag einziehen, wäre erstmal Party angesagt.

Sollte Jens Barschdorf für die FDP in den Landtag einziehen, wäre erstmal Party angesagt.

(Foto: Marco Einfeldt)

Jens Barschdorf, 36, will für die FDP in den Landtag, weil sie die einzige ganzheitlich liberale Partei in Deutschland ist, wie er sagt. Nur bei der Startbahn vertritt er eine andere Auffassung.

Von Gudrun Regelein, Freising

Die beiden Jungs steuern zielstrebig auf den Infostand der FDP zu. Und fragen Jens Barschdorf, der an diesem sonnigen Samstagvormittag auf dem Moosburger Markt Werbung für sich und seine Partei macht, nach einem zweiten Luftballon. "Der erste ist kaputt gegangen", sagt der eine. "Gibt's doch gar nicht, die sind doch so widerstandsfähig wie wir auch", sagt Barschdorf, der FDP-Direktkandidat für die Landtagswahl, und lacht. Dann pustet er einen der blauen Ballons auf und gibt ihn den Beiden.

Die Resonanz der Passanten auf den Infostand, bei dem es neben Gesprächen auch Info-Broschüren, Stifte, Luftballons und kleine Gummibärchentüten gibt, sei ganz gut, sagt Barschdorf. "Aber gefühlt sind die Menschen noch nicht so richtig in Wahlkampfstimmung", fügt er an. Wenn man aber mit den Leuten rede, sei Interesse da. Großes Thema sei - natürlich - die dritte Startbahn, die bewege die Menschen, daneben werde auch immer wieder der Mangel an bezahlbarem Wohnraum angesprochen, eines der drängendsten Probleme im Landkreis. Dann ist ein lauter Knall zu hören und Barschdorf sagt: "Jetzt ist der Luftballon doch tatsächlich geplatzt."

Jens Barschdorf wirkt noch sehr entspannt, obwohl er seit einigen Wochen fast jeden Abend und Samstag unterwegs ist, um Stimmen zu werben. Anstrengend sei das schon, sagt er. Gerade, da alles nebenher laufen müsse. Nach wie vor arbeitet der 36-Jährige Vollzeit als Patent- und Markenreferent. "Die heiße Phase kommt ja erst noch", sagt Barschdorf. "Aber das habe ich mir selbst ausgesucht, ich will mich nicht beschweren."

Geboren wurde Jens Barschdorf in Dresden. Seine Eltern, die mit dem politischen System der DDR "nicht besonders gut zurechtkamen", wie Jens Barschdorf es formuliert, hatten einen Ausreiseantrag gestellt, als er noch sehr jung war - genehmigt wurde dieser 1988. Im Alter von sechs Jahren kam er mit seiner Familie nach Bayern, seine Kindheit und Jugend hat er in Freising verbracht. "Ja, ich fühle mich als Freisinger", sagt er sehr bestimmt. Nach seinem Abitur am Dom-Gymnasium studierte Barschdorf Geschichte, Latein und VWL in München, danach promovierte er. Seit sechs Jahren arbeitet er bei einem Patentanwalt in Erding und begleitet das Prozedere von der Anmeldung bis hin zur Erteilung eines Patents.

Für die Politik habe er sich schon sehr lange interessiert, erzählt Jens Barschdorf. "Ich bin - durch mein Elternhaus - liberal geprägt, mit der Politik habe ich schon seit Langem geliebäugelt." Als dann nach seinem Studium klar wurde, dass er tatsächlich länger in Freising bleiben werde, besuchte er einen Stammtisch der FDP in Freising - und wurde kurze Zeit später Mitglied in der Partei. "Es gibt in Deutschland keine andere ganzheitlich liberale Partei, das war für mich der entscheidende Grund, dort Mitglied zu werden", erklärt Barschdorf.

So sehr er sich mit der FDP identifiziert, so gibt es allerdings doch ein Thema, bei dem er von der Parteilinie abweicht: Das ist die dritte Startbahn, welche die FDP befürwortet, Barschdorf dagegen ablehnt. "Die Region hält dieses Wachstum schwer bis gar nicht mehr aus", sagt er. Zudem würde der Stadt Freising eine der wenigen Wachstumsmöglichkeiten, die sie noch hat - nämlich die im Südwesten -, durch den Bau der dritten Startbahn genommen. "Ich glaube schon, dass die Leute mir abnehmen, dass das meine ehrliche Meinung ist", sagt er.

Daneben ist für ihn die Infrastruktur das eigentlich wichtige Thema in diesem Wahlkampf, mit dem er gerne punkten möchte. "Das müssen wir angehen, da ist viel verschlafen worden." Für die Bürger sei die Infrastruktur eine zentrale und brennende Frage. Der öffentliche Nahverkehr, die Digitalisierung, bezahlbarer Wohnraum, kostenlose Kindertagesstätten zählt Barschdorf auf. Alles Punkte, wo er etwas verbessern oder verändern möchte. Wie man das finanzieren könne? Die Antwort Barschdorf's kommt schnell: "Bayern ist finanziell gesehen das stärkste Bundesland", sagt er. In den vergangenen Jahren seien sogar Schulden getilgt worden. "Wenn man die Prioritäten richtig setzt, dann hat man das notwendige Geld zur Verfügung." Unbedingt müssten aber jedoch die Kommunen finanziell besser ausgestattet werden, als das bisher geschehen sei, fügt er noch an.

Video

Der Kreisjugendring hat mit Unterstützung der Freisinger SZ eine Aktion zur Landtagswahl auf die Beine gestellt. Dabei wird bis einschließlich Samstag, 22. September, jeden Tag ein Interview mit einem Direktkandidaten auf YouTube veröffentlicht, heute: Jens Barschdorf. Für das Video kann man manuell auf YouTube nach dem Hashtag "#dasorangeSofa" oder dem Kanal "Kreisjugendring Freising" suchen.

Für die FDP sei der Landkreis zwar wegen ihrer Position zur dritten Startbahn ein "eher schwieriges Pflaster", sagt Barschdorf. Dennoch sei es ihr Ziel, in Oberbayern acht Prozent der Wählerstimmen zu bekommen und wieder in den Landtag einzuziehen. Derzeit liege die Partei bei Umfragen bei über fünf Prozent, "mein Gefühl ist gut". Sollte die CSU die absolute Mehrheit verlieren, so sei mit ihr eine Regierungskoalition wohl am ehestens möglich, auch wenn Barschdorf seine Zweifel hat. Inhaltlich und menschlich müsse das schließlich auch passen, sagt er. "Bei Söder und dem derzeitigen Personal in der CSU-Spitze bin ich mir da nicht so sicher." Eine Koalition mit der AfD dagegen sei definitiv ausgeschlossen, sagt Barschdorf.

Und sein persönliches Ziel? "Momentan habe ich Listenplatz 18. Mein Ziel wäre, mich zu verbessern und unter die Top 12 oder 13 zu kommen", sagt er. Am Wahlabend werde aber auf jeden Fall mit den Parteifreunden gefeiert - egal, wie das Ergebnis ausschaue. "Wenn es tatsächlich klappen sollte und ich in den Landtag komme, dann ist natürlich eine Party angesagt", meint Barschdorf. Dass ein Landtagsmandat sein komplettes Leben verändern würde, weiß er. "Aber ich würde mich auf diese Herausforderung freuen." Politik mache ihm Spaß, "etwas mitgestalten zu können, wäre die Krone darauf". Auch, wenn er dann seinen geplanten Urlaub nach dem langen und strapaziösen Wahlkampf canceln müsste.

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