Kandidatenportrait zur Landtagswahl:Keine Politik aus dem Elfenbeinturm

Auch als Leiter der Staatskanzlei fühlt sich der CSU-Landtagskandidat Florian Herrmann geerdet und nahe am Volk. Schließlich ist er auch CSU-Kreisvorsitzender, sitzt im Kreistag, ist viel im Landkreis unterwegs, geht in Freising einkaufen und ist gegen die dritte Startbahn.

Von Birgit Goormann-Prugger

Es gibt zwei Videos auf Youtube, die Einblick geben in das politische Leben des CSU-Landtagskandidaten Florian Herrmann als Stimmkreisabgeordneter. Das eine stammt aus dem Jahr 2013. Zum Neujahrsempfang der CSU erwarten auch die Startbahngegner von "Plane Stupid" die Gäste. Florian Herrmann bleibt stehen, spricht mit ihnen. Auch 2013 ist Wahljahr und einer der Aktivisten fordert Herrmann auf, aus der CSU auszutreten. "Wie können Sie hier bei den Freisingern für die CSU Stimmen sammeln, wo Sie doch genau wissen, dass die den Flughafen erweitern will", sagt einer von ihnen wütend. "Bei uns stinkt es, wir werden vertrieben, wir werden vergast und vergiftet", schimpft er weiter. "Jetzt übertreiben Sie mal nicht", sagt Florian Herrmann.

Fünf Jahre später, März 2018. Das nächste Youtube-Video. Der CSU-Ortsverband empfängt im Vöttinger Sportheim "seinen" neuen Leiter der Bayerischen Staatskanzlei und Minister für Bundesangelegenheiten. Nur wenige Tage zuvor hatte Markus Söder sein neues Kabinett vorgestellt. Herrmanns Anhänger sind stolz. "Das hat er verdient", sagen sie. Die Gratulanten stehen ehrfürchtig Schlange. Die von "Plane Stupid" sind diesmal nicht dabei. Keine Trillerpfeifen, stattdessen Blasmusik. Ja, es könnte so schön sein für Florian Herrmann in Freising, wenn es das Thema dritte Startbahn nicht gäbe.

In seinem neuen Büro am Franz Josef Strauß Ring in München, empfängt Florina Herrmann den Besuch aus seinem Wahlkreis schon an der Tür des Vorzimmers, nicht residierend am Schreibtisch. Später führt er noch kurz durch das Gebäude, auch in den Kabinettssaal. Er weiß genau, wer wo sitzt, zählt die Personen aus dem Gedächtnis auf. Das Kabinett tagt jeden Dienstag. Die Sitzung muss Florian Hermann vorbereiten, meist schon am Wochenende. An diesem Tag hat er schon die Soldaten des Luftwaffengeschwaders 74 aus Neuburg verabschiedet, das im Baltikum im Auftrag der Nato zur Luftraumüberwachung eingesetzt ist. Hermann ist als Leiter der Staatskanzlei auch "Bayerischer Bundeswehrminister" wie er das nennt. Danach wollte der Bayerische Rundfunk ein Interview, es ging weiter mit "internen Besprechungen", am Nachmittag stand noch ein Termin mit Karolina Gernbauer an, der höchsten Beamtin im Freistaat. Florian Herrmann koordiniert jetzt die große Politik, greift zur Not auch mal ein, wenn sich zwei Ministerien bei einem Thema ineinander verhaken. Die Arbeit macht ihm sichtlich Spaß. "Es ist abwechslungsreich und sehr vielfältig. Das Schöne an dem Beruf ist, dass jeder Tag anders ist", erzählt Florian Herrmann.

Verliert man in dieser Position, "an der Schaltstelle der bayerischen Politik", wie es Freisings Landrat Josef Hauner formuliert hatte, nicht schnell die Bodenhaftung?. "Das ist gar kein Problem", sagt Florian Herrmann, der auch Kreisvorsitzender der CSU ist "Ich bin ja im Landkreis Freising fest verwurzelt, ich lebe dort mit meiner Frau, habe viele Kontakte und bin auch noch im Kreistag". Samstags gehe er in Freising auch einkaufen "und in die Reinigung, das mache immer ich", sagt er. Es sei ihm ein Anliegen, Ansprechpartner zu sein für die Bürger vor Ort. "Das ist alles sehr geerdet", versichert Herrmann. Erreichen kann man ihn über verschiedene Wege via Mail, Whatsapp oder auch über Facebook. Seinen Account betreut er selbst. Reden kann man mit ihm auch bei den vielen Abendveranstaltungen, die Herrmann in seinen Stimmkreis besucht, selten ist er vor 22 Uhr zuhause. Er klagt darüber nicht: "Wenn man einen Beruf haben will, der von 8 bis 16 Uhr geht, dann ist man in der Politik falsch", sagt er. "Der Anspruch der CSU ist es, Seismograf der Lebenswirklichkeit zu sein, " sagt Herrmann weiter. "Wir wollen nicht abgehoben im Elfenbeinturm arbeiten, sondern für das, was die Menschen wirklich bewegt".

Demo gegen dritte Startbahn

Florian Herrmann (links) ist gegen die dritte Startbahn am Flughafen im Erdinger Moos. Trotzdem erntet er immer wieder die Kritik von Startbahngegnern wie Hartmut Binner, die ihn für die CSU-Politik in Haftung nehmen.

(Foto: Marco Einfeldt)

Nun ist die Lebenswirklichkeit von vielen Menschen in Herrmanns Stimmkreis der Kampf gegen den Bau der dritten Startbahn, den sich Ministerpräsident Markus Söder ausdrücklich wünscht, wenn auch nicht mehr vor der Wahl am 14. Oktober. Florian Herrmann versichert seit Jahren, er sei gegen den Bau der Trasse. "Zwischen Markus Söder und mir passt kein Blatt Papier, nur die dritte Startbahn", sagte Herrmann beim CSU-Wahlkampfauftakt. Von seinen Anhänger bekommt er dafür Applaus. Die Betroffenen wollen ihm das nicht so recht glauben. Warum ist das so? "Das müssen sie die fragen", sagt Florian Herrmann, während sich sein Gesichtsausdruck bei diesem Thema verdüstert. "Ich kann nicht verstehen, warum andere mir Dinge unterstellen, die nicht zutreffend sind. Sie unterstellen mir, dass ich nicht gegen die Startbahn sei, weil nicht sein kann, was für sie nicht sein darf. Weil es nicht in ihr falsches Bild passt, dass jemand CSU-Abgeordneter und sogar Mitglied der Staatsregierung und trotzdem gegen die dritte Startbahn ist". "Volkszertreter und Heimatzerstörer" muss sich Herrmann nennen lassen, immer wieder. Für Herrmann ein Jargon "der wenig mit respektvollem Umgang in der politischen Auseinandersetzung zu tun" hat. Heimatzerstörer, das sei schon "harter Tobak und es ist schlichtweg auch falsch".

Daten zur Person

Geboren am 7. Dezember 1971 in Kelheim

2002: Landratskandidatur im Landkreis Freising

2003 bis 2008: Ortsvorsitzender der CSU Freising

Seit 2002: Kreisrat im Landkreis Freising

2013: Vorsitzender des Untersuchungsausschusses "Fall Mollath"

2013 - 2018: Vorsitzender des Ausschusses für Kommunale Fragen, Innere Sicherheit und Sport des Bayerischen Landtags und Innenpolitischer Sprecher der CSU-Landtagsfraktion

seit 2013: Mitglied im Parteivorstand

2018: Berufung von Ministerpräsident Markus Söder zum Leiter der Staatskanzlei und Staatsminister für Bundesangelegenheiten; Mitglied des Bundesrates.bt

Der CSU-Landtagskandidat will die Arbeit in seinem Stimmkreis nicht nur auf das Thema dritte Startbahn reduzieren. "Es passiert doch noch so viel mehr in unserem Stimmkreis, wir bestehen ja nicht nur aus Freising", sagt er. Der Freistaat investiere jedes Jahr Millionen Euro in Weihenstephan, den Bau der Realschule in Au, für den er sich persönlich bei Horst Seehofer eingesetzt habe, nennt er "das wichtigste Projekt der letzten fünf Jahre. Das war eine ganz wichtige Entscheidung für den ländlichen Bereich, gerade auch für Familien mit Kindern".

Zurück zum Jahr 2013. Florian Herrmann galt damals als einer der jungen, aufstrebenden Abgeordneten der CSU. Jetzt, 2018, ist er 46 Jahre alt, immer noch jung. Wo soll es noch hingehen? Herrmann lacht kurz und antwortet in einwandfreiem Politikerdeutsch: "Unser Ziel ist es, jedes Mal aufs Neue um das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger zu werben".

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