Prozess in Landshut:Fünf Überfälle in fünf Jahren

Mordprozess Landshut

Der Angeklagte muss sich Jahre später nun vor dem Landshuter Landgericht verantworten. Ereignet haben sich die Fälle unter anderem in Moosburg.

(Foto: dpa)

In einem Moosburger Verbrauchermarkt soll ein heute 54-Jähriger 2006 etwa 3700 Euro erbeutet haben. Spuren von den Tatorten führten zu dem gebürtigen Dingolfinger, der nun vor Gericht steht.

Von Alexander Kappen, Landshut/Moosburg

Die Ermittler waren sich ziemlich sicher, dass es sich bei den fünf Raubüberfällen in den Jahren 2006 bis 2011 auf eine Tankstelle sowie je zwei Verbrauchermärkte und Banken in München, Altdorf, Moosburg, Essenbach und Loiching um denselben Täter handelte. Doch irgendwann kamen sie nicht mehr weiter und legten die Angelegenheit vorerst zur Seite - bis es 2018 einen unverhofften DNA-Treffer gab.

Spuren von den Tatorten stimmten mit der DNA eines heute 54-jährigen gebürtigen Dingolfingers überein, der damals wegen anderer Straftaten festgenommen worden war und aufgrund einer Verurteilung wegen Diebstahls und Computerbetrugs im Jahr 2018 derzeit in Bernau am Chiemsee eine Haftstrafe verbüßt. Seit Montag muss er sich nun vor der sechsten Strafkammer des Landgerichts Landshut auch wegen der Raubüberfälle verantworten. Der Angeklagte - gegelte, kurze Haare, mit Bluejeans und Lederjacke gekleidet - wurde mit Bauchgurt und Handschellen in den Sitzungssaal geführt. Auf Bitten seines Verteidigers wurden ihm die Fesseln dann zumindest während der Verhandlung abgenommen. Sagen wollte der 54-Jährige jedoch nichts. Der Verteidiger erklärte, sein Mandant werde derzeit weder Angaben zu den Anklagevorwürfen noch zu seinen persönlichen Verhältnissen machen.

Der Staatsanwalt legte dem fünffach vorbestraften Angeklagten fünf Überfälle zwischen April 2006 und März 2011 zur Last. Er soll den Angestellten der von ihm überfallenen Geschäfte und Banken jeweils "einen Gegenstand, der einer scharfen Handfeuerwaffe zumindest zum Verwechseln ähnlich sah", vorgehalten haben. "Wie von ihm beabsichtigt, gingen die jeweiligen Angestellten davon aus, dass es sich bei diesem Gegenstand um eine voll funktionsfähige Schusswaffe handelte", so der Staatsanwalt. Nach dem Überfall auf einen Supermarkt in Altdorf, bei dem 4800 Euro erbeutet wurden, soll der 54-Jährige im August 2006 auch einen Verbrauchermarkt im Moosburger Gewerbegebiet Degernpoint überfallen haben.

Laut Anklageschrift legte er gegen 20 Uhr einige Lebensmittel auf das Kassenband. Als die Kassiererin die Beträge eintippte und die Kasse öffnete, hielt ihr der Beschuldigte, so der Vorwurf, die Scheinwaffe vor und forderte sie mit den Worten "Geld her!" auf, ihm das Bargeld aus der Kasse zu geben. Sie sollte es in eine Plastiktüte stecken, die der Räuber dabei hatte. Die stellvertretende Filialleiterin befand sich zu diesem Zeitpunkt ebenfalls an der Kasse. Sie hielt angesichts der Bedrohung die Plastiktüte auf, während die Kassierin die Geldscheine in die Tüte legte und dem Räuber übergab. Laut Anklage soll der Beschuldigte hier 3715 Euro erbeutet haben.

Bei manchen der Überfälle soll der Angeklagte seinen Opfern eine Scheinwaffe vorgehalten haben

In den Jahren danach soll er auch noch eine Tankstelle in München sowie Sparkassen in Essenbach und Loiching überfallen haben. Bei manchen der insgesamt fünf Überfälle zwang der Angeklagte laut Staatsanwaltschaft seine Opfer mit vorgehaltener Scheinwaffe dazu, die Wagenschlüssel herauszugeben, so dass er mit ihren Autos flüchten konnte. Insgesamt betrug die Beute 16 335 Euro.

Der Verteidiger monierte zum Prozessauftakt, dass Richterin Büttner zunächst einen Beamten der Kriminalpolizei zum Verlauf der Ermittlungen geladen hatte und auch die Vorstrafen des Angeklagten vorlas, noch bevor die unmittelbaren Zeugen der Taten an den kommenden Verhandlungstagen aussagen werden. Er sah darin eine Verletzung des "Unmittelbarkeitsgrundsatzes" und verwies auf den Primacy Effect, wonach einem die ersten Informationen am besten in Erinnerung bleiben. "Rein theoretisch" könnte sich in den Köpfen der Schöffen, die die Ermittlungsakte nicht kennen, "der Eindruck festsetzen, dass der Angeklagte ein böser Mensch ist", so der Anwalt. In dem Fall seien sie nicht mehr unvoreingenommen.

Das Gericht vernahm den Polizisten trotzdem und ließ sich den Verlauf der Ermittlungen schildern. Der Prozess wird fortgesetzt.

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