Süddeutsche Zeitung

Corona-Krise:Praktisch immer im Einsatz

Mark Bardenheuer ist Versorgungsarzt im Landkreis. Damit stellt er die Verbindung zwischen Katastrophenschutz und den niedergelassenen Ärzten dar - und ist jederzeit einsatzbereit.

Von Laura Dahmer, Freising

Letzte Woche noch war Mark Bardenheuer hauptsächlich mit Operationen und Patientensprechstunden beschäftigt. Vergangenen Donnerstag hat sich das verändert, er ist zu einem wichtigen Faktor in der Corona-Krise geworden: Landrat Josef Hauner hat ihn zum Freisinger Versorgungsarzt ernannt. Bardenheuer ist damit Teil des Notfallplans der bayerischen Staatsregierung, laut dem in jedem Landkreis und jeder kreisfreien Stadt ein Versorgungsarzt berufen werden soll. Der 56-Jährige ist jetzt nicht nur für die Patienten in seiner eigenen Praxis zuständig, sondern für die ärztliche Versorgung im gesamten Landkreis. Das "Bindeglied zwischen Katastrophenschutz und den niedergelassenen Ärzten", wie er selbst sagt.

Es ist eine Aufgabe, auf die Bardenheuer sich selbst beworben hatte. "Aus Übungen habe ich Erfahrung mit Großschadenslagen", sagt der Chirurg. Während seiner Ausbildung an der Universitätsklinik in Essen habe er regelmäßig groß angelegte Übungen mitgemacht: Verkehrsunfälle, Vorfälle bei Großveranstaltungen oder Brände. "Situationen, in denen die Ressourcen kurzfristig nicht mehr ausreichen, und trotzdem eine maximale Versorgung der Patienten sichergestellt werden muss", sagt Bardenheuer. Die Situation, vor der medizinische Fachkräfte in Freising und der ganzen Welt gerade stehen, übersteige dabei aber jedes bisherige Ausmaß.

Bardenheuer fragt nach, was im Landkreis fehlt

Für Bardenheuer ist es nicht das erste Mal, dass er sich in einer verantwortungsvollen Position beweisen muss: Schon vor 20 Jahren wurde der gebürtige Rheinländer leitender Oberarzt an der Universitätsklinik Mannheim, danach leitete er die Unfallchirurgie im Klinikum Landshut. 2016 verließ er das Krankenhaussetting, kam nach Freising und ließ sich in einer Gemeinschaftspraxis mit Rita Peller in Freising-Lerchenfeld nieder. Als Versorgungsarzt muss Bardenheuer täglich Kassenärzte und Pflegeeinrichtungen im Landkreis abtelefonieren. Wie ist die Versorgungslage, was fehlt, wo wird es bald knapp? Mögliche Engpässe meldet er dem Katastrophenschutz. Außerdem plant der Versorgungsarzt, jedem Seniorenheim einen Kassenarzt zuzuteilen, der im Notfall als Ansprechpartner zur Verfügung steht. "Vorher haben die Einrichtungen sich an die 116 117 gewandt. Dort rufen jetzt aber auch alle Bürger an, die Symptome verspüren oder Kontakt zu Infizierten haben - die Heime kommen kaum noch durch", erklärt Bardenheuer. Für die Ärzte bedeutet diese Situation, praktisch jederzeit abrufbar zu sein - auch und gerade für Bardenheuer, der selbst nicht im Dienstplan eingeteilt ist, um "frei zu bleiben" und koordinieren zu können. "Wir alle haben dazu eine hohe Bereitschaft. Bei solch einem Ausbruch zur Verfügung zu stehen, gehört zu unserem ärztlichen Selbstverständnis", sagt der Chirurg.

Sorgen um den Landkreis Freising macht der Arzt sich nicht

Mit dem Landkreis Freising muss sich Bardenheuer um eine Region kümmern, die nach wie vor zu den am meisten betroffenen in ganz Bayern zählt. Ob er sich Sorgen um die Versorgung in Freising macht? Klares Nein. "Schon nach 24 Stunden im Amt kann ich sagen: Vieles war schon vorher bestens organisiert. Die ambulante Teststation hat sich etabliert, die Rettungskräfte und der Katastrophenschutz arbeiten gut zusammen, die hausärztliche Versorgung ist sichergestellt", sagt Bardenheuer. "Wir sind super aufgestellt, obwohl es uns so früh so massiv getroffen hat." Auch, wenn sich die Zahl der Patienten in kurzer Zeit stark erhöhen sollte und es gewisse Engpässe in der Schutzausrüstung gebe, bangt der 56-Jährige nicht um die Versorgung des Landkreises. "Aber klar ist: So etwas wie jetzt gab es noch nie. Diese Situation bringt viele Unwägbarkeiten", bemerkt er. Deshalb hat er eine Bitte an die Bevölkerung: Zuhause bleiben.

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SZ vom 07.04.2020/nta
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