Eigentlich sollte der neue Sozialpass im Landkreis Anfang März eingeführt werden. Daraus wird nun aber wohl nichts: "Ein Start am 1. März ist unrealistisch", sagt Robert Stangl, Pressesprecher im Landratsamt.
Der Grund dafür: Momentan haben erst drei der insgesamt 24 Landkreis-Kommunen zugesagt, beim geplanten Sozialpass, der bedürftigen Menschen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichen soll, mitzumachen. Mindestens zehn aber bräuchte es, um starten zu können - so steht es im Beschluss des Kreisausschusses.

Newsletter abonnieren:SZ Gerne draußen!
Land und Leute rund um München erkunden: Jeden Donnerstag mit den besten Freizeittipps fürs Wochenende. Kostenlos anmelden.
Im nächsten Schritt wird das Landratsamt erneut alle Kommunen anschreiben und bitten mitzuteilen, ob und in welcher Form sie sich beteiligen wollen, berichtet Stangl. Das Projekt sei aber nicht grundsätzlich in Gefahr, das wolle man realisieren - auch Landrat Helmut Petz sei ein Befürworter. Der Landkreis allerdings sei nur für die Organisation zuständig, etwa die Ausgabe des Sozialpasses - mit Leben müssten ihn die Gemeinden füllen
Teilnahme beim Sport, Kultur und Bildung
Ein Nachmittag im Schwimmbad, ein Konzertbesuch oder der Sprachkurs in der Volkshochschule. Das mag für viele Menschen im wohlhabenden Landkreis eine Selbstverständlichkeit sein - aber nicht für alle: Laut dem Landratsamt waren es im vergangenen Sommer etwa 6500 Bedürftige, die sich solche Angebote nicht so einfach oder auch gar nicht leisten konnten, weil ihre Einkünfte dafür zu gering sind. Diese Zahl sei in etwa gleichgeblieben, sagt Robert Stangl.
Die Zielgruppe für den Sozialpass sind Menschen, die Bürgergeld oder die Grundsicherung im Alter beziehen, Wohngeld oder die Hilfe für Pflege erhalten, daneben auch Asylsuchende. Ihnen und ihren Kindern soll zukünftig die Teilhabe in den Bereichen Sport, Freizeit und Unterhaltung, Kultur und Bildung leichter möglich sein - je nachdem, wer in den Kommunen mitmacht. Der Sozialpass solle dabei als vereinfachter Nachweis der Bedürftigkeit dienen.
Bereits früher gab es Anträge für einen Sozialpass
Den Antrag für den Sozialpass hatte die Fraktion der Grünen im Kreistag im Februar 2023 gestellt. Kurz vor der Sommerpause - im Juli - wurde er dann vom Kreisausschuss genehmigt. "Und das einstimmig und parteiübergreifend", sagt Charlotte Reitsam. Reitsam ist für die Freisinger Grünen im Stadtrat, sie ist die Sozialreferentin der Stadt und Mitglied der Agenda21-Gruppe "Tisch füreinander". Der "Tisch füreinander" habe sich schon vor zwei Jahren mit dem Thema Sozialpass beschäftigt - und bereits vor dem Kreistagsbeschluss einen entsprechenden Antrag bei der Stadt Freising gestellt, erzählt Reitsam. Genauso die Stadtratsfraktion der Linken - deren Anträge allerdings auch in der Schublade verschwanden. Richtig Fahrt aufgenommen habe das Projekt letztendlich erst mit dem Antrag der Grünen im Kreistag.
Im November erhielten die Bürgermeister und Bürgermeisterinnen im Landkreis dann ein Schreiben vom Landrat, in dem sie gebeten wurden, bis zum Jahresende mitzuteilen, für welche Angebote sie sich entschieden haben. Drei Kommunen haben bislang schon zugesagt, sich zu beteiligen. Neben der Stadt Freising sind das Moosburg und Hallbergmoos. Der Bürgermeister aus Neufahrn hat zumindest Interesse bekundet.
Ermäßigter Eintritt im Fresch und in der Eishalle
In der Stadt Freising ist die Entscheidung für den Sozialpass einstimmig gefallen. "Der politische Wille ist da", sagt Karl-Heinz Wimmer, Freisings Referatsleiter für Bildung, Soziales und Sport. Allerdings erwarte sich die Stadt Freising, dass sich noch deutlich mehr der Kommunen beteiligen. Ein Alleingang werde nicht als sinnvoll erachtet - die Angebotspalette müsse sich über eine Vielzahl weiterer Gemeinden im Landkreis erstrecken.
Die Stadt Freising bietet den zukünftigen Besitzern des Sozialpasses unter anderem einen ermäßigten Eintritt in der Eishalle, im Schwimmbad "Fresch", im Stadtmuseum und bei ausgewählten Veranstaltungen der städtischen Musikschule. Charlotte Reitsam, eine der treibenden Kräfte des Sozialpasses, fragte in Eigeninitiative bei Freisinger Vereinen und Organisationen nach - mit positiver Resonanz, wie sie berichtet. "Der Verein 3klang, die Dombergakademie und auch die Volkshochschule haben bereits zugesagt."
Die versteckte Armut ist im Landkreis groß
Natürlich wäre es wichtig, dass alle Landkreis-Gemeinden mitmachen, betont Reitsam. Auch die kleinen könnten das. Aber nicht nur die Kommunen, sondern auch Vereine und Geschäfte könnten sich beteiligen und Vergünstigungen anbieten. In anderen Landkreisen laufe das bereits so, berichtet die Sozialreferentin. Sie würde sich wünschen, dass sich der Sozialpass im Landkreis zu einer "gesamtgesellschaftlichen Aktion" ausweitet.
Denn auch im eigentlich wohlhabenden Landkreis sei die versteckte Armut groß, viele Familien aber auch Einzelpersonen - Senioren beispielsweise - lebten am Existenzminimum. Genauso groß sei die Scham der Betroffenen, sich zu outen. Bei vielen sei die Hürde, sich Unterstützung zu holen, sehr hoch. "Der Sozialpass bietet einen Ausweg", sagt Reitsam. Mit ihm könne man unkompliziert und diskret an Vergünstigungen kommen, ohne gleich einen ganzen Berg an Nachweisen vorlegen zu müssen.