Vergewaltigungsprozess am Landgericht Landshut:K.o.-Tropfen im Kirschlikör

Vergewaltigungsprozess am Landgericht Landshut: Ein 39-jähriger Mann aus dem Landkreis Freising muss sich am Landshuter Landgericht verantworten, weil er eine Frau vergewaltigt hat.

Ein 39-jähriger Mann aus dem Landkreis Freising muss sich am Landshuter Landgericht verantworten, weil er eine Frau vergewaltigt hat.

(Foto: Armin Weigel/dpa)

Mit ihren Kindern vor den Schrecken des russischen Angriffskriegs geflohen, wähnt sich eine Mutter aus der Ukraine im Landkreis Freising sicher - und wird dort von ihrem Nachbarn vergewaltigt. Der 39-Jährige räumt die Tat in der Hauptverhandlung ein.

Von Alexander Kappen, Landshut/Freising

Für die Mutter von zwei Kindern war es ein besonders "schlimmes Erlebnis". Vor den Schrecken des russischen Angriffskrieges aus ihrer ukrainischen Heimat in den Landkreis Freising geflohen, "wähnte sie sich in Deutschland in Sicherheit, hatte keinen Argwohn - und dann wurde ihr Vertrauen ausgenutzt". So erzählte es ihre Anwältin am Montag zum Prozessauftakt am Landshuter Landgericht in einem Rechtsgespräch, über das der Vorsitzende Richter Thomas Lindinger hinterher im Sitzungssaal berichtete.

Die Geschädigte, die in dem Prozess als Nebenklägerin fungiert, am Montag aber selbst nicht anwesend war, ist am 6. Juli des vergangenen Jahres mit ihrem heute 39-jährigen Nachbarn, zu dem sie ein freundschaftliches Verhältnis pflegte, zum Inlineskaten gegangen. Anschließend bot der 39-Jährige, der sich dafür jetzt vor der sechsten Strafkammer des Landgerichts verantworten muss, seiner Nachbarin im Auto etwas zu trinken an, mischte ihr K.o.-Tropfen in einen Kirschlikör und vergewaltigte sie. Der Angeklagte räumte die gegen ihn erhobenen Vorwürfe über eine Erklärung seines Verteidigers voll umfänglich ein und entschuldigte sich mit einem an die Geschädigte gerichteten Brief, den er in der Hauptverhandlung vorlas.

Wie ein Beamter der Kriminalpolizei Erding als Zeuge aussagte, ist bei den Ermittlungen das Handy des Angeklagten beschlagnahmt und ein Facebook-Chat zwischen diesem und der Geschädigten ausgewertet worden. Der Chat lese sich so, "als hätte er Interesse an einer sexuellen Beziehung gehabt", so der Polizist, sie dagegen habe geschrieben: "Wir sind nur Freunde."

An jenem 6. Juli 2022 trafen sich die beiden laut Anklage gegen 19.40 Uhr in ihrem Wohnort im Landkreis Freising zunächst zum Inlineskaten und fuhren dann mit dem Auto auf einen Feldweg, um etwas zu trinken. Während die Geschädigte ein Wodka-Glas, das ihr der 39-Jährige anbot, nur mit den Lippen berührte, trank sie aus dem Schnapsglas mit besagtem Kirschlikör einen Schluck. Dort hatte der Angeklagte laut seines Geständnisses die K.o.-Tropfen hineingemischt. Die Geschädigte verspürte starke Übelkeit, Kopfschmerzen und ein Schwindelgefühl, während der Angeklagte sie gegen ihren Willen küsste und begrapschte, unter anderem im Intimbereich. Das bekam die Geschädigte noch mit.

Schließlich musste sie jedoch brechen und wurde zwischenzeitlich ohnmächtig. Wie der Kripo-Beamte in der Verhandlung von den Ermittlungen berichtete, hatte die Geschädigte "starke Erinnerungslücken, an einen Geschlechtsverkehr oder eine Penetration konnte sie sich nicht erinnern". Doch nach der Untersuchung der Frau "muss aus Sicht der Rechtsmedizin eine Penetration stattgefunden haben", so der Polizist. Der Angeklagte selbst räumte in seinem Geständnis eine Penetration mit dem Finger ein.

Die Vermieterin merkt, dass etwas nicht stimmt

Die Geschädigte wurde am Tattag schließlich von ihrer Vermieterin, die zugleich auch die Vermieterin des Angeklagten war, gefunden und ins Krankenhaus gebracht. Der Kripo-Beamte berichtete, dass die Vermieterin bei der Geschädigten angerufen habe, nachdem diese ungewöhnlich lange nicht nach Hause gekommen sei. Daraufhin habe zunächst der Angeklagte abgehoben und gesagt, dass er und die Geschädigte unterwegs seien und bald heimkämen. Bei einem nochmaligem Anruf habe die Vermieterin dann verlangt, die Geschädigte zu sprechen, die einen aufgelösten Eindruck gemacht habe. Laut des Polizisten fuhren die Vermieterin und ihr Mann dann zum Auto des Angeklagten, wo sie die Frau fanden, die von sexuellen Übergriffen berichtete. Weil sie gesundheitliche Probleme hatte, wurde sie von der Vermieterin ins Krankenhaus gebracht.

Laut des Polizisten bestand schon da "der Verdacht auf K.o.-Tropfen". Eine Untersuchung in der Rechtsmedizin bestätigte diesen schließlich auch. Auf dem später sichergestellten Handy des Angeklagten befanden sich übrigens auch zwei Videos, "auf denen er Geschlechtsverkehr mit einer Frau hat, die sehr weggetreten wirkt", so der Polizist. Laut Gutachten der Rechtsmedizin sei der Zustand der Frau in dem Video, "damit vereinbar, dass auch sie K.o.-Tropfen bekommen hat". Es gebe Anhaltspunkte, dass es in der polnischen Heimat des Angeklagten aufgenommen worden sei. Der Verteidiger sagte, die Ehefrau des 39-Jährigen habe bestätigt, dass sie die Frau auf dem Video sei und dieses mit ihrem Einverständnis gemacht worden sei. Nach Ansicht des Vorsitzenden Richters stellt das Video also "keine neue Tat" dar.

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