Süddeutsche Zeitung

Landkreis Freising:Immer mehr Dienstleister

Seit der Jahrtausend­wende hat sich die Zahl der Erwerbs­tätigen um 28 300 erhöht, die wenigsten davon arbeiten in der Industrie. Der Fachkräfte­mangel hat sich in der Coronazeit noch verstärkt

Von Teja Banzhaf, Freising

Strukturwandel in Zahlen: Vom Jahr 2000 bis 2019 hat sich deutschlandweit die Gesamtzahl der Erwerbstätigen um etwa 5,89 Millionen erhöht. Parallel schrumpfte in diesen zwei Jahrzehnten seit der Jahrtausendwende die Zahl der Beschäftigten in der Land- und Forstwirtschaft um 155 000 und im produzierenden Bereich um gut 390 000 Menschen. Demgegenüber kletterte die Erwerbstätigenzahl im Dienstleistungsbereich um 6,43 Millionen. Für den Kreis Freising meldet die Statistik für den Zeitraum 2000 bis 2019 ein Plus von 28 300 Erwerbstätigen. Dabei verlor die hiesige Land- und Forstwirtschaft etwa 600 Beschäftigte, die Industrie gewann 500, aber der gesamte Dienstleistungsbereich gewann unter dem Strich 28 200 Beschäftigte.

Vor Corona wuchs die Beschäftigtenzahl in der Dienstleistungsbranche bundesweit ständig. Das ergibt sich aus der Langzeitbetrachtung der Zahlen, welche die Statistiker in der "Erwerbstätigenrechnung"' ermitteln. Die aktuellsten Zahlen für die lokale Ebene sind die Werte für 2019. Im Landkreis Freising gab es danach im Jahresdurchschnitt 2019 laut amtlicher Statistik 113 600 Erwerbstätige - werden die Selbständigen und helfende Familienangehörige, die hier miterfasst sind, von dieser Zahl abgezogen, waren darunter 103 800 Arbeitnehmende, also Arbeiter, Angestellte, Beamte und geringfügig Beschäftigte.

Bezogen auf alle Erwerbstätigen arbeiteten 93 200 (82 Prozent) in Dienstleistungsbranchen, also beispielsweise in der Verwaltung, im Handel oder Gastgewerbe, bei Versicherungen, Finanzinstituten, Unternehmensberatungen und Reinigungsfirmen, als Masseure und Masseurinnen, Friseur oder Friseurinnen oder therapeutische Dienstleistende. Weitere 1800 Männer und Frauen waren in der Land- und Forstwirtschaft tätig und 18 500 in produzierenden Bereichen, darunter 13 200 in Industrie- und Handwerksbetrieben sowie 5300 im Baugewerbe.

Dröselt man die im Dienstleistungssektor Beschäftigten etwas weiter nach ihren Tätigkeitsgebieten auf, setzt sich deren Zahl so zusammen: 54 500 waren im Bereich "Handel, Verkehr, Gastgewerbe" sowie in der "Information und Kommunikation" tätig. Weitere 16 000 Männer und Frauen arbeiten in der Sparte "Finanz-, Versicherungs- und unternehmensorientierte Dienstleistungen" sowie im "Grundstücks- und Wohnungswesen". Und 22 700 arbeiten im Bereich "öffentliche und sonstigen Dienstleistungen", "Erziehung" oder "Gesundheit".

Verblüffend: Ausgehend von den genannten Zahlen hat sich auch in der Corona-Zeit der Fachkräftemangel 2020/2021 verstärkt. Das meldet die Bertelsmann-Stiftung: "Deutsche Unternehmen berichten von einem noch größeren Mangel an qualifizierten Arbeitskräften als vor Jahresfrist angenommen. In einer aktuellen Civey-Umfrage im Auftrag unserer Stiftung mit einer Stichprobe von 7500 befragten Unternehmensentscheiderinnen und -entscheidern gaben zwei Drittel (66 Prozent) an, dass bei ihnen momentan Fachkräfteengpässe bestehen. In unserem Fachkräftemigrationsmonitor von Ende 2020 hatte etwas mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen (54 Prozent) die Erwartung geäußert, dass ihnen in diesem Jahr Personal fehlen wird." Die Lage unterscheide sich je nach Branche, Region, Berufsbild und Qualifikation. Insbesondere falle auf, "dass die Fachkräftelücke bei Personen mit abgeschlossener Berufsausbildung am größten ist: 48 Prozent der befragten Unternehmen berichten hier von einem Mangel."

Mit Blick auf die Branchen zeigt sich, dass der Pflegebereich sowie der Gesundheitssektor insgesamt besonders stark vom Fachkräftemangel betroffen sind. Dass Beschäftigte diesen Bereich verlassen, weil ihnen der Stress zu groß und die Bezahlung zu niedrig ist wird häufig berichtet. Präzise Daten gibt es aber erst 2023. Auch dazu, wie viele im Gastgewerbe das Handtuch geworfen haben - wegen des Lockdowns und ausfallenden Trinkgelds.

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Quelle:
SZ vom 18.01.2022
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