Ein Monat ist vergangen, seit die Bezahlkarte für Asylbewerberinnen und -bewerber im Landkreis Freising eingeführt worden ist. Freising gehörte zu den letzten bayerischen Landkreisen, die die Bezahlkarte zum 1. Juli einsetzten. Für eine Bilanz ist es daher zu früh. Erste Probleme aber sind in den vergangenen Wochen aufgetreten.
Die Einführung der Bezahlkarte sollte dazu dienen, die Schleuserkriminalität zu bekämpfen, Geldüberweisungen der Geflüchteten in ihre Herkunftsländer zu verringern und die Beamten zu entlasten. Um die ersten beiden Ziele zu erreichen, wurde die maximale Bargeldauszahlung pro Karteninhaber auf 50 Euro monatlich begrenzt. Punkt drei sollte durch das neue Bezahlkartensystem des Unternehmens Paycenter garantiert werden. Kann die Bezahlkarte diese Vorgaben erfüllen?
Sandra Schulenberg, Sachgebietsleiterin für Asyl am Landratsamt in Freising, ist zuversichtlich: „Die Einführung der Bezahlkarte war, trotz anfänglicher Kritik, insgesamt ein Erfolg.“ Im Landkreis wurden noch vor dem 1. Juli alle 550 Bezahlkarten, die für mehr als 800 Personen vorgesehen sind, ausgegeben. Die späte Einführung habe erhebliche Vorteile gebracht, da „viele Empfänger bereits auf der White List freigegeben waren“, erklärt Sandra Schulenberg. Diese Liste verzeichnet alle Stellen im Landkreis, welche die Karte akzeptieren. „Einschließlich des Deutschlandtickets“, fügt sie hinzu, was in vielen anderen Landkreisen große Probleme bereitete.
Bisher mussten Geflüchtete bis zu drei Monate warten, um Leistungen zu erhalten
Nach Angaben des Freisinger Landratsamtes „brachte die Einführung der Karte anfänglich mehr Arbeit mit sich. Sobald die Karte jedoch ausgegeben war, wurde der Prozess einfacher. Das Geld wird wie auf ein normales Girokonto auf die Bezahlkarte überwiesen.“ Während Flüchtlinge früher oft zwei bis drei Monate warten mussten, bis sie das Geld erhielten, kann es jetzt sofort auf die Bezahlkarte geladen werden. Schulenberg zeigt sich daher optimistisch: „Die Bezahlkarte dürfte langfristig eine enorme Erleichterung darstellen.“
Während das Landratsamt auf die Erfolge verweist, zweifelt eine junge Asylbewerberin in Freising daran. Betty Bitondo, eine 40-jährige Kongolesin, lebt seit Januar 2022 mit ihren zwei Kindern, Grâce und Joseph, in Freising. Ende Juni hat sie die Bezahlkarte erhalten. Sie erzählt, es gebe einige Unannehmlichkeiten damit: „Ich habe das Gefühl, dass die Bezahlkarte die Einkaufsmöglichkeiten einschränkt, da ich viele Onlinekäufe nicht mehr tätigen kann und das Bargeld sehr limitiert ist.“ Letzteres bereitet Betty Bitondo Sorge, da es „vor allem in Freising viele Orte gibt, an denen nur Bargeld akzeptiert wird oder Kartenzahlungen erst ab zehn Euro möglich sind.“ Als Beispiel erwähnt sie einen Einkauf in Marzling, bei dem sie Schulmaterialien für ihre Tochter erwerben wollte. Die Bezahlkarte wurde jedoch nicht akzeptiert. „Für drei Personen reichen 50 Euro im Monat nicht aus“, sagt die 40-Jährige.
Probleme mit dem Deutschlandticket
Das größte Problem stellte für die junge Kongolesin bisher das Deutschlandticket dar. Sie berichtet, dass die Webseite der Deutschen Bahn die Bezahlkarte nicht als Zahlungsmittel akzeptiert habe: „Ich musste das gesamte Bargeld, das mir in diesem Monat zur Verfügung stand, auf ein Konto bei der Sparkasse einzahlen, um damit das Ticket zu bezahlen.“ Deshalb verfügte sie im gesamten Juli über kein Bargeld. Sie blickt dennoch mit Optimismus in die Zukunft: „Im Landratsamt wurde mir versichert, dass es ab dem nächsten Monat funktionieren wird.“
Jan Drobniak, Flüchtlingshelfer und Leiter der Flüchtlings- und Integrationsberatung der Diakonie Freising, ist von der Einführung der Bezahlkarte weniger überzeugt als Sandra Schulenberg: „Es gibt zahlreiche praktische Schwierigkeiten für die Geflüchteten.“ Jan Drobniak spricht von dem limitierten Zugang zu Bargeld, „der den Alltag erheblich erschwert“, aber auch von der White List: „Viele Überweisungen müssen einzeln über eine White List freigegeben werden. Steht der Empfänger nicht auf dieser Liste, müssen die Asylbewerber zum Amt gehen und nachweisen, was sie überweisen möchten. Diese Überweisungen können dann einzeln freigegeben werden.“ Dadurch bestehe die Gefahr, dass Geflüchtete Fristen verpassen und in Inkassoverfahren geraten. „Sollte das Inkassobüro nicht auf der White List stehen, könnte die Bezahlung zusätzlich erschwert werden“, erklärt der Flüchtlingshelfer.
„Ein sicherer Effekt der Karte wird der erhöhte Aufwand für alle Beteiligten sein“
Gina Saiko, Flüchtlings- und Integrationsberaterin der Caritas im Landkreis Freising, hat bereits entsprechende Erfahrungen gesammelt. Sie berichtet, dass zwei „Klienten Ratenzahlungen laufen hatten und diese wegen der Bezahlkarte nicht rechtzeitig begleichen konnten.“ Folglich mussten sie „beim Landratsamt verifizieren, ob die Zahlungsempfänger auf der White List verzeichnet waren.“ Für Jan Drobniak und Gina Saiko wird „ein sicherer Effekt der Karte mehr Aufwand für alle Beteiligten sein, da es sich um eine Maßnahme handelt, die für diejenigen, die damit leben müssen, nicht selbsterklärend ist.“
Wie gut das System wirklich funktioniert, wird man vermutlich in etwa einem Monat wissen. Die ersten kritischen Stimmen sind allerdings bereits zu hören. Der Leiter der Flüchtlingsberatung der Diakonie betont am Ende des Gesprächs: „Die Einführung der neuen Bezahlkarte schränkt die Freiheit der Asylbewerber erheblich ein und macht sie wesentlich unfreier.“ Ob die Karte die von der Politik gewünschte Effekte haben wird, ist noch unklar.