Partnerstadt Weifang:In der Beziehung fehlt die Leidenschaft

Lesezeit: 4 min

Kunsthandwerk aus Weifang ist zum 30-jährigen Bestehen der Partnerschaft mit der chinesischen Stadt im Kreuzgang des Landratsamts zu sehen gewesen. (Foto: Andreas Knapp)

Vor 35 Jahren hat der Landkreis Freising als erste bayerische Kommune eine Partnerschaft mit einer chinesischen Stadt geschlossen. Mittlerweile ist das Verhältnis ein wenig eingeschlafen. Das Jubiläum im Herbst könnte für neuen Schwung sorgen.

Von Peter Becker, Freising

Still geworden ist es um die Partnerschaft des Landkreises Freising in den vergangenen Jahren. Der letzte Besuch einer Delegation aus Weifang fand nach Auskunft der Pressestelle im Freisinger Landratsamt im November 2018 statt, der letzte Besuch einer Delegation aus Freising in Weifang 2012. Immerhin: Am 18. Oktober ist jährt sich die Gründung der Partnerschaft zum 35. Mal. Für diesen Tag sei eine Videokonferenz zwischen Landrat Helmut Petz (FW) und dem Weifanger Bürgermeister Yun Liu geplant.

Das zwischen Freising und Weifang geschlossene Partnerschaftsabkommen im Herbst 1987 ist historisch. 1973 hatte die damalige Bundesrepublik Deutschland diplomatische Beziehungen aufgenommen. Der damalige bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauß hatte seinerzeit einen Freundschafts- und Partnerschaftsvertrag mit der Provinz Shandong abgeschlossen, in der Weifang liegt. Als erste bayerische Kommune leistete der Landkreis der Ermunterung des Landesvaters Folge, auf kommunaler Ebene ebenfalls Bündnisse zu schließen. Der Kreistag unter Landrat Ludwig Schrittenloher (CSU) wagte in der Folge den Brückenschlag ins Reich der Mitte.

Die Partnerschaft war schon immer umstritten

Damals wie heute ist diese Partnerschaft mit Weifang aufgrund der politischen Situation in China und der Entfernung umstritten. Auch von der Einwohnerzahl her gibt es einen großen Unterschied. Auf der einen Seite die 180.000 Einwohner des Landkreises, auf der anderen die Millionenstadt Weifang. Die Euphorie war jedenfalls 1987 groß, als eine Freisinger Delegation aus China zurückkehrte. Vielleicht weniger wegen des Essens - es wurden in Öl gebratene Skorpione und Zikaden aufgetragen - als vielmehr über die wirtschaftlichen Perspektiven. Ein Jahr später kam eine Delegation aus Weifang nach Freising, um die Möglichkeiten zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit lokalen Betrieben zu sondieren. Seitdem wurde viel über den Sinn und Unsinn dieser Beziehung gestritten.

An das Datum des Partnerschaftsabkommens mit Weifang erinnert dieser Stein vorm Freisinger Landratsamt. (Foto: Marco Einfeldt)

Allen Widerständen zum Trotz, bestehe jedoch ein regelmäßiger Kontakt zwischen dem Landratsamt und dem Auswärtigen Amt der Stadt Weifang, versichert das Landratsamt. Es gebe aber viele Gründe dafür, dass es um die Partnerschaft mit Weifang etwas ruhiger geworden ist. Corona sei mit Sicherheit einer der Hauptgründe, aber auch die Sprachbarriere, die Entfernung und die hohen Reisekosten spielten eine Rolle. "Ein weiterer wichtiger Grund ist natürlich die politische Situation in China und allen voran die Menschenrechtslage."

Wenig bekannt ist, wie es der chinesischen Partnerstadt während der Pandemie erging. "Es wurde von Freisinger Seite immer wieder nachgefragt, aber leider kamen aus Weifang keine oder nur ausweichende Antworten", heißt es bedauernd aus dem Landratsamt. "Fragen zu diesem Thema wurden teils ignoriert, teils mit Höflichkeitsfloskeln beantwortet." Die einzigen Informationen stammten vom Dolmetscher der Behörde aus Moosburg. Dieser steht mit den Vertretern aus Weifang in engem Kontakt. "Offiziell wurde kommuniziert, Corona wäre kein Problem in Weifang."

Ein Freundschaftsverein sollte neuen Schwung bringen

2016 sollte ein Freundschaftsverein neuen Schwung in die Beziehungen zwischen Weifang und dem Landkreis bringen. Privatpersonen, Kommunen und Verbände konnten dem beitreten. Damals wurde ein Schreiben an 135 Personen aus den Bereichen Politik, Vereine/Institutionen, Unternehmen, Schulen, Universitäten/Hochschulen, Sportgruppen, Musik und Presse versendet, bestätigt das Landratsamt. Versehen war es mit der Bitte um Rückmeldung dazu, ob Interesse an einer Mitgliedschaft in einem Freundschaftsverein mit der Stadt Weifang bestehe und ob ein solcher Verein unterstützt werden würde. Das Echo darauf fiel bescheiden aus. Die Mehrheit der befragten Personen und Einrichtungen habe kein Interesse an einer Mitgliedschaft in dem geplanten Verein und auch kein Interesse an einer finanziellen Unterstützung der Aktivitäten eines solchen Vereins gehabt, heißt es aus dem Landratsamt. Wegen dieses Ergebnisses der Befragung sei dieses Thema nicht weiter verfolgt worden.

Für eine Intensivierung der Partnerschaft sorgte eine Arbeitsgruppe, die sich 2011 gegründet hatte. Diese erarbeitete ein Konzept zur Gestaltung der Partnerschaft zwischen dem Landkreis und Weifang. Daraus resultierten die Teilnahme einer Jugend-Fußballmannschaft aus dem Landkreis an einem Turnier in China sowie ein Gegenbesuch der Fußballmannschaft aus Weifang im Jahr darauf. Außerdem gab es unter Landrat Josef Hauner (CSU) eine Ausstellung zur Partnerschaft im Landratsamt Freising und weitere kleinere Aktionen.

2013 hat eine Fußballmannschaft aus Weifang am Isarcup in Moosburg teilgenommen. (Foto: Marco Einfeldt)

Diese Arbeitsgruppe gibt es seit den vergangenen Kommunalwahlen nicht mehr. Sie sei nicht mehr neu aufgestellt worden, heißt es aus dem Landratsamt. Ursprünglich war aus jeder Fraktion im Kreistag ein Vertreter in der Arbeitsgruppe. "Einige Mitglieder der Arbeitsgruppe sind aktuell noch Kreisräte, andere nicht mehr. Die ausgeschiedenen Mitglieder wurden nach der letzten Wahl nicht ersetzt."

Videokonferenzen wären ein geeignetes Mittel, um in regelmäßigem Kontakt zu bleiben

Landtagsabgeordneter Johannes Becher (Grüne) war damals in der Arbeitsgruppe Weifang engagiert. Er habe aber seit längerem nichts mehr über die Partnerschaft gehört. Dass praktisch in diesem Jahr ein kleines Jubiläum ansteht, sei ihm gar nicht bewusst gewesen. Dass der Kontakt, zumindest nach außen hin, ein wenig abgerissen scheint, führt Becher auf Corona zurück. Gut findet der Grünen-Kreisrat jedoch, dass eine Videokonferenz geplant ist. Becher erinnert daran, dass die Stadt Moosburg eine Schalte mit ihrer britischen Partnerschaft Sawbridgeworth zum Klimaschutz gehalten habe. Über Zoom war diese öffentlich. Bis zu 50 Personen hatten sich daran beteiligt. Ein Übersetzer wirkte ebenfalls mit.

Aufgrund der Distanz und der verschiedenen Kulturen wäre so eine Videokonferenz durchaus ein Weg, mit Weifang in regelmäßigem Kontakt zu stehen. Mittlerweile ist das politische System in China rigider geworden. Lohnt es sich da überhaupt, an so einer schwierigen Partnerschaft festzuhalten? "Grundsätzlich immer", bekräftigt Becher. "Ich halte es für eine gute Möglichkeit, in einen Austausch zu kommen. Auch wenn das nicht die große Welt verändert." Es handele sich um Völkerverständigung und einen Austausch der Werte. "Das braucht die Welt", betont Becher.

Dem aktuellen Kreistag sind die Beziehungen zu Weifang vielleicht noch gar nicht so bewusst. Corona und die Ukraine-Krise haben Vieles in den Hintergrund gedrängt. Das Jubiläum ruft die Beziehungen zu der chinesischen Partnerschaft wieder ins Gedächtnis. Und der aktuelle Kreistag wird sich vielleicht positionieren müssen, wie er mit dieser nicht ganz einfachen Beziehung umgehen will.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: