Zivilschutz im Landkreis Freising:Im Ernstfall muss die Tiefgarage vorerst reichen

Zivilschutz im Landkreis Freising: Die Tiefgarage beim Landratsamt wäre im Falle eines Angriffs mit Kriegswaffen ein möglicher Zufluchtsort für die Zivilbevölkerung. Im Landkreis Freising gibt es derzeit noch sechs Schutzräume, die aber nicht mehr voll funktionsfähig sind.

Die Tiefgarage beim Landratsamt wäre im Falle eines Angriffs mit Kriegswaffen ein möglicher Zufluchtsort für die Zivilbevölkerung. Im Landkreis Freising gibt es derzeit noch sechs Schutzräume, die aber nicht mehr voll funktionsfähig sind.

(Foto: Marco Einfeldt)

Eine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Johannes Huber an das Landratsamt und die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben ergibt, dass die noch vorhandenen Schutzräume nur bedingt funktionsfähig sind. Von 2007 an stellten Bund und Länder sogar die Wartung der Bunker ein. Jetzt will man wohl nacharbeiten.

Von Peter Becker, Freising

Russische Raketen auf Deutschland? Das erinnert an Ängste aus dem Kalten Krieg, an die sich mittlerweile nur noch die Älteren erinnern können. Der russische Präsident Wladimir Putin hat diese mit seinem Angriff auf die Ukraine wieder heraufbeschworen. Der ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete Johannes Huber wollte deshalb wissen, ob und wo es in seinem Wahlkreis Freising/Pfaffenhofen Schutzräume für die Zivilbevölkerung gebe. Die Antwort der für Bunker zuständigen Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) auf seine Anfrage ist wenig beruhigend. Gerade einmal sechs Schutzräume gibt es noch im Landkreis Freising. Die Behörde rät, sich im Ernstfall in einer Tiefgarage oder im eigenen Keller zu verschanzen.

Huber ist der Ansicht, dass der Bund seine Fürsorgepflicht gegenüber seinen Bürgerinnen und Bürgern vernachlässige. Er fordert umgehende Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung. Den Freisinger Landrat Petz fordert er auf, die Standorte der Schutzeinrichtungen im Landkreis Freising zu veröffentlichen und diese so auszustatten, dass sie im Katastrohen- oder Kriegsfall ausreichend Schutz und Verpflegung bieten. "Dass auch nur ein verantwortlicher Politiker angesichts der Drohungen aus Russland, im Wissen um die vernachlässigten Zustände beim Bevölkerungsschutz, ruhig schlafen kann, kann ich nicht nachvollziehen", begründet er seine Anfragen.

Bund und Länder stellten die Wartung der Bunker im Jahr 2007 ein

Bis 1990 ließ die Bundesrepublik Anlagen für den Zivilschutz in Bahnhöfen, Tiefgaragen oder in ertüchtigten Bunkern und Stollenanlagen aus dem Zweiten Weltkrieg einrichten. In den Jahren danach sei das öffentliche Schutzbaukonzept nach Angaben der Bima nicht mehr weiter verfolgt worden. Von 2007 an stellten Bund und Länder sogar die Wartung der Bunker ein. 2020 begann die Behörde die Schutzräume zu entwidmen und rechtlich abzuwickeln.

Seit mehr als 30 Jahren schien es nach Auflösung der Sowjetunion und des Warschauer Pakts keine militärische Bedrohung mehr zu geben. Heute geht das Bundesinnenministerium aufgrund geringer oder gar keiner Vorwarnzeiten bei einem Angriff mit Raketen oder Marschflugkörpern davon aus, dass ein flächendeckender Bau von öffentlichen Schutzräumen nicht möglich ist.

Im Landkreis Freising hat es ursprünglich zwölf Schutzräume gegeben

Auf Nachfrage teilt die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben mit, dass es im Landkreis Freising ursprünglich zwölf Anlagen gegeben habe. Davon seien bislang sechs aus der Zivilbindung entlassen worden. Dabei handelt es sich nach Auskunft der Behörde um Anlagen in Freising, Eching, Haag, Kirchdorf, Moosburg und Zolling. Der einzige ländliche Zufluchtsort unter den sechs verbliebenen befindet sich in Rudelzhausen, die übrigen fünf in Freising.

Huber will wissen, wo genau sich diese Schutzräume befinden. Dazu machen weder Landratsamt noch Bima Angaben. "Aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie unter Berücksichtigung der Interessen der jeweiligen Eigentümer der Schutzräume dürfen keine Auskünfte zu den Standorten gegeben werden", heißt es unisono in den Stellungnahmen der Behörden zu Hubers Anfrage. Die Bima ergänzt, dass sich fünf der verbliebenen Zivilschutzeinrichtungen im Eigentum des Freistaats und eine in Privatbesitz befindet. Die jeweiligen Schutzräume hätten die aktuellen Eigentümer seither ohne Auflagen nach Gutdünken verändern dürfen, so dass die verbliebenen teilweise nicht mehr voll funktionsfähig seien, heißt es in einer Antwort des Landratsamts auf Hubers Anfrage.

Mittlerweile hat unter dem Eindruck des Ukraine-Kriegs ein Umdenken stattgefunden. "Der Bund hat jüngst entschieden, das Rückabwicklungskonzept für öffentliche Schutzräume zu überprüfen", teilt die Bima mit. Deren weitere Entwidmung werde deshalb zunächst "ruhend" gestellt. Der Bund wolle nun zusammen mit den Ländern eine Bestandsaufnahme aller noch vorhandener Schutzräume vornehmen und dann über das weitere Vorgehen entscheiden. "Das Landratsamt Freising steht hier mit den übergeordneten Behörden in engem Kontakt, um etwaige sich aus der Überprüfung ergebende Maßnahmen zur Ertüchtigung der Schutzräume schnell und effektiv mit allen Beteiligten durchführen zu können", versichert die Pressestelle.

Bevölkerung soll sich im Falle eines Angriffs in die eigenen Wohnungen flüchten

Bis auf Weiteres ist die Bevölkerung laut des Konzepts der Zivilen Verteidigung des Bundes darauf angewiesen, sich im Falle eines Angriffs zum Selbstschutz in die "vorhandene Bebauung", sprich die eigenen Wohnungen zu flüchten. Laut Bima verfüge die Bundesrepublik flächendeckend über eine solide Bausubstanz, "die unter bestimmten Voraussetzungen der Bevölkerung einen signifikanten Schutz sogar vor dem Einsatz von Kriegswaffen bieten kann. Dabei handelt es sich in der Hauptsache um Tiefgaragen oder Keller in Massivbauweise.

Nach Einschätzung der Bima bieten diese Bauten einen guten Grundschutz vor einer Explosionsschutzwelle, gefährlichem Trümmer- und Splitterflug und Trümmern einstürzender Bauwerke. Bedingten Schutz vor radioaktiver Strahlung schreibt die Behörde diesen Bauten ebenfalls zu. Der sei umso besser, je massiver das Baumaterial sowie das umgebende Erdreich sind. Wäre kein Keller mehr erreichbar, könnten selbst oberirdische Treppenhäuser oder innen liegende Räume ohne Fenster oder Glasfronten einen gewissen Schutz vor den Einwirkungen von Waffen haben.

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