Haft für Sexualstraftäter:Vertrauensverhältnis ausgenutzt

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Die sechste Strafkammer des Landgerichts Landshut hat die Hauptverhandlung gegen eine mutmaßliche Drogenbande unterbrochen. Einer der Angeklagten war am Mittwoch wegen eines Trauerfalls nicht verhandlungsfähig. (Foto: Armin Weigel/dpa)

Ein 39-jähriger Mann, der eine befreundete Nachbarin in einer Gemeinde im Landkreis Freising mit K.-o.-Tropfen betäubt und vergewaltigt hat, muss für vier Jahre und zehn Monate ins Gefängnis.

Von Alexander Kappen, Freising

Wie sehr das Opfer noch unter der Tat leidet, konnte man im Gerichtssaal förmlich spüren. Sie, die mit ihren Kindern und der Schwiegermutter vor den Bomben der russischen Angreifer aus ihrer ukrainischen Heimat nach Deutschland geflohen geflohen war, wollte von einem Tag auf den anderen plötzlich wieder zurück in die Ukraine. "Ich fühlte mich hier nicht mehr in Sicherheit", sagte die 36-Jährige am Montag am Landshuter Landgericht. Sie war im vergangenen Juli in einer Gemeinde im Landkreis Freising von ihrem Nachbarn, zu dem sie ein freundschaftliches Verhältnis pflegte, mit K.-o.-Tropfen betäubt und vergewaltigt worden. Der 39-jährige, in vollem Umfang geständige Angeklagte, wurde von der sechsten Strafkammer unter Vorsitz von Richter Thomas Lindinger zu einer Haftstrafe von vier Jahren und zehn Monaten verurteilt.

Zur Tat selbst musste sich die Geschädigte in der Verhandlung nicht mehr äußern. Ihre Vernehmung dazu war bereits unter Ausschluss der Öffentlichkeit vorgelesen worden. Bei ihrer Aussage am Montag ging es ausschließlich um die Folgen der Tat. Und die sind nicht ohne. "Ich hatte nach der Tat zirka einen Monat lang Angst, nach draußen zu gehen", berichtete die 36-Jährige, die Nebenklägerin in dem Prozess war. "Und ich habe Angst, in die Arbeit zu gehen, weil unter den Kunden auch Männer sind", sagte die gelernte Friseurin. Sie sei heute bei einem Psychologen in Behandlung "und ich kann keinem Menschen mehr vertrauen - das stört mich, weil ich in meinem Beruf mit Menschen arbeite".

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Zudem kam es zum Streit mit der Schwiegermutter, die nun wieder nach Hause gefahren ist. Ihr Mann dagegen unterstütze sie, so die Nebenklägerin. Die Schwiegermutter aber "hat ihr Vorwürfe gemacht, weil sie kurze Hosen trägt, und hat ihr eine Mitschuld für das gegeben, was passiert ist", berichtete eine Zeugin, die sowohl die Vermieterin des Angeklagten als auch des Opfers war. Die Geschädigte habe sich durch die Tat "total verändert, sie trägt nur noch weite Kleidung, macht nichts mehr alleine und fährt nicht allein S-Bahn", so die Vermieterin.

Die Geschädigte wollte einen Entschuldigungsbrief des Angeklagten nicht akzeptieren: "Das ändert nichts." Auch persönliche Worte in der Verhandlung wollte sie nicht hören. Zur Frage einer Schmerzensgeldzahlung sagte sie: "Ich brauche kein Geld."

Für das Gericht ist es erwiesen, dass der nicht vorbestrafte Angeklagte der schweren Vergewaltigung und gefährlichen Körperverletzung schuldig ist. Die verhängte Strafe liegt zwischen den Anträgen des Staatsanwalts (fünf Jahre und neun Monate) und des Verteidigers (dreieinhalb Jahre). Ein minder schwerer Fall liege nicht vor, so der Richter. Der Angeklagte, habe ein Vertrauensverhältnis ausgenutzt. Er sei planvoll vorgegangen, habe Kirschlikör mit K.-o.-Tropfen präpariert, dem Opfer beim "Schnapseln" auf einem Feldweg zu trinken gegeben und es dann vergewaltigt. Zu seinen Gunsten spreche neben dem Geständnis und der "von Reue getragenen Entschuldigung", dass laut DNA- und Spuren-Gutachten "nur" eine Penetration mit dem Finger stattgefunden habe und kein Geschlechtsverkehr.

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