In der Zeugenaussage des Hauptsachbearbeiters der Kriminalpolizei Erding klang fast ein wenig Anerkennung mit. „Das waren ordentliche Büsche, das hat er nicht schlecht gemacht“, sagte der Beamte zu der Cannabis-Aufzuganlage, die der Angeklagte auf seinem Dachboden eingerichtet hatte. Aber trotz des „grünen Daumens“, den der 37-Jährige aus dem Landkreis Freising dem Vernehmen nach hatte: Der ganz große Dealer war er offenbar nicht.
Angeklagt war er am Landgericht Landshut wegen des bewaffneten Handeltreibens mit Cannabis und Amphetaminen in nicht geringer Menge und des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Übrig blieb am Ende nur Letzteres. Die sechste Strafkammer unter Vorsitz von Richter Thomas Lindinger verurteilte den 37-Jährigen am Montag zu zwei Jahren Gefängnis auf Bewährung.
Bei der Telefonüberwachung eines inzwischen zu einer Haftstrafe verurteilten Dealers kamen die Ermittler der Polizei auch auf den Angeklagten im aktuellen Fall, wie der Kripo-Beamte als Zeuge berichtete. Bei der Durchsuchung der Wohnung des 37-Jährigen wurden 385 Gramm Cannabis und knapp 336 Gramm Amphetamin, auch als „Speed“ bekannt, sichergestellt. Im Dachgeschoss und im Garten befanden sich laut Anklage mindestens neun Cannabispflanzen. In einem Sicherungskasten in der Wohnung, in unmittelbarer Nähe zu den Drogen, fanden die Beamten zudem ein Pfefferspray, weshalb die Staatsanwaltschaft in ihrer Anklage von bewaffnetem Drogenhandel ausging.
Der Angeklagte räumte über eine Erklärung seines Verteidigers zu Prozessbeginn den Besitz der bei ihm im Juli 2023 gefundenen Drogen ein. Allerdings seien es nur sechs Cannabispflanzen gewesen. Letztlich war das aber – auch vor dem Hintergrund der inzwischen geänderten Rechtslage – nicht entscheidend, da das Verfahren wegen des Besitzes von Marihuana auf Betreiben der Staatsanwaltschaft eingestellt wurde.
Ebenso in Bezug auf vier Gelegenheiten, bei denen der Angeklagte einem von der Justiz anderweitig verfolgten Mann Marihuana verkauft haben soll. Auch diese Fälle wären im Gesamtkontext der zu erwartenden Gesamtstrafe nicht ins Gewicht gefallen. Das Entscheidende waren die gefundenen Amphetamine. Und die hatten es quantitativ in sich, betrug die Menge der sichergestellten Drogen doch „das 22,3-fache einer nicht geringen Menge“, wie der Vorsitzende vorrechnete.
Der Angeklagte bestritt allerdings einen „schwunghaften Handel“ mit Drogen, wie es in der Anklage stand. Der Nachweis eines Drogenhandels konnte nach übereinstimmender Ansicht aller Prozessbeteiligten in der Hauptverhandlung generell nicht zweifelsfrei erbracht werden, auch die Staatsanwältin ging in ihrem Plädoyer nur noch von Drogenbesitz aus.
Die große Menge an Drogen sei nur für den Eigenbedarf gewesen, sagt der Angeklagte
Gleichwohl spreche die große Menge der gefundenen Drogen einerseits für einen Handel. Aber die Kammer wisse eben auch, dass es nicht unüblich sei, dass Konsumenten große Mengen zu einem dann günstigeren Preis für den Eigenkonsum auf Vorrat kauften, sagte der Vorsitzende. Und genau so hatte es der 37-Jährige in seiner Einlassung auch begründet.
Diesem attestierte Landgerichtsarzt Hubert Näger in seinem Gutachten übrigens sowohl eine Marihuana- als auch Amphetamin-Abhängigkeit. Und die war auch nach Überzeugung der Kammer ursächlich für die Tat, also den Besitz der vielen Drogen. Eine eingeschränkte Schuldfähigkeit sahen aber weder der Gutachter noch das Gericht als gegeben an. Dass er so oft zu Drogen gegriffen habe, führte der Angeklagte auf seine stressige Tätigkeit als selbständiger Elektro-Servicetechniker zurück. Er habe vor allem die Amphetamine genommen, um den Berufsalltag zu meistern.
Da letztlich kein Handel mehr im Raum stand, spielte auch der Zusatz „bewaffnet“ keine Rolle mehr. Das bei der Hausdurchsuchung gefundene Pfefferspray sei gar nicht seines, so der 37-Jährige. Es gehöre seiner mit ihm zusammen in dem Haus lebenden Mutter, damit diese nachts nach der Arbeit sicher nach Hause komme, erklärte der Angeklagte.
Er kam letztlich mit Bewährung davon, weil einige Dinge für ihn sprachen, etwa das Geständnis, die positive Sozialprognose und der Umstand, dass die Drogen nicht in Umlauf gerieten. Als Auflage muss er sich unter anderem regelmäßigen Drogentests auf eigene Kosten unterziehen, eine ambulante Therapie absolvieren und den Weisungen seines Bewährungshelfers Folge leisten.