Prozess am Landgericht Landshut:Unterbringung auf Bewährung

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Ein psychisch kranker Mann, der im Juli 2021 unter anderem in Neufahrn unerlaubt in ein privates Anwesen eingedrungen und dort aufs Dach gestiegen ist, hat am Landshuter Landgericht eine Bewährungsstrafe erhalten. (Foto: Armin Weigel/dpa)

Richter stufen psychisch kranken Mann, der Menschen attackiert hat und auf ein Hausdach in Neufahrn gestiegen ist, als eingeschränkt schuldfähig ein.

Von Alexander Kappen, Landshut/Neufahrn

Bei seinen weiblichen Opfern hat er offenbar einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Der 31-jährige Angeklagte, der sich am Mittwoch vor der sechsten Strafkammer des Landgerichts Landshut unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung und Hausfriedensbruchs verantworten musste, hatte im Juli vergangenen Jahres nämlich nicht nur scheinbar grundlos das Vordach eines Hauses in Neufahrn erklommen und dort im ersten Stock durchs Fenster geblickt. In Landshut und München hatte er auch Frauen körperlich angegangen, so dass diese bei ihrer Vernehmung im Gerichtssaal teilweise immer noch unsicher und verängstigt wirkten.

Der psychisch kranke Mann, der in seiner polnischen Heimat seit zwei Jahren in Behandlung war und bis zu den Vorfällen regelmäßig für ein paar Monate nach Deutschland zum Arbeiten kam, gab wiederum an, bei den Frauen eigentlich Schutz gesucht zu haben. Die Medikamente, die er nach seiner in Polen diagnostizierten schizophrenen Erkrankung von dort immer mit nach Deutschland genommen habe, seien ihm damals ausgegangen. Daher habe er Krankheitsschübe bekommen und die Taten begangen. Die Kammer sah den Beschuldigten letztlich nur als eingeschränkt schuldfähig an und verhängte als Strafe eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, die allerdings zur Bewährung ausgesetzt wird. Er kehrt nach Polen zurück und begibt sich dort wieder in Therapie.

Sein Mandant habe Angst vor Männern gehabt, so der Verteidiger

Sein Mandant habe ohne Tabletten "in dem Zustand vor Männern Angst gehabt. Zu Frauen hatte er mehr Vertrauen und wollte sie ansprechen, wie er nach Hause kommen kann", erläuterte der Verteidiger. Der 31-Jährige kann kaum Deutsch und sprach die Frauen in Englisch an. Für eine Gruppe junger Frauen, die er am Landshuter Bahnhof bedrängt hatte, habe sich das so angehört, als hätte er sie aufgefordert, mit zu ihm nach Hause zu gehen, berichtete eine Zeugin. In einer Bäckerei sprang der Angeklagte ein anderes Mal über die Theke und verfolgte eine Verkäuferin, ehe er von Kunden zu Boden gebracht und bis zum Eintreffen der Polizei festgehalten wurde. In allen angeklagten Fällen leistete der Angeklagte Widerstand gegen die alarmierten Polizisten.

Bei dem Vorfall in Neufahrn am 26. Juli war der Beschuldigte "ganz aufgeregt. Er dachte, wenn er auf das Dach steigt und runter schaut, beruhigt ihn das", erklärte der Verteidiger für seinen Mandanten. Dieser zeigte sich nach dem Eintreffen der Beamten zunächst kooperativ, ergriff dann aber zu Fuß die Flucht. Als er wieder eingefangen wurde, wehrte er sich gegen seine Fixierung. Dabei bekam er das Pfefferspray eines Polizisten, das wohl zu Boden gefallen war, zu greifen und sprühte ihm damit auf die Hand. An diesem Tag wurde der Angeklagte festgenommen und nach der Untersuchungshaft später dann im Bezirkskrankenhaus in Straubing untergebracht, wo er bis zur Verhandlung war.

Die Widerholungsgefahr sei gering, sagt der Sachverständige

Der Sachverständige des Gerichts diagnostizierte beim Beschuldigten eine paranoide Schizophrenie. Zur Tatzeit habe er eine akute Psychose gehabt. Eine Schuldunfähigkeit sei nicht auszuschließen. In jedem Fall sei er eingeschränkt schuldfähig gewesen. Der Beschuldigte sei krankheitseinsichtig und habe sich nach der U-Haft gut entwickelt. Die Medikamente hätten gut angeschlagen. Die Wiederholungsgefahr sei gering, von einer Unterbringung in einer psychiatrischen Einrichtung könne man absehen.

Die Staatsanwältin beantragte dennoch eine Unterbringung ohne Bewährung. Der Verteidiger beantragte einen Freispruch wegen der nicht auszuschließenden Schuldunfähigkeit. Falls das Gericht eine Unterbringung anordne, solle diese zur Bewährung ausgesetzt werden. Genau so entschied es schließlich die Kammer.

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