Bernstorf Funde:Die Sensation ist jetzt echt

Goldfund in Bernstorf

Seit Jahren währt ein Streit unter Wissenschaftlern: Das Gold des Schmucks aus dem Bernstorfer Fund ist zu rein, um antik sein zu können, sagen die einen.

(Foto: Marco Einfeldt)

Fund oder Fälschung? Die Wissenschaftler gingen im Streit um die Gold- und Bernsteinfunde von Bernstorf so weit, sich persönlich anzufeinden. Professor Rüdiger Krause sieht die Echtheit jedoch nun bestätigt.

Von Petra Schnirch, Kranzberg

Den aktuellen Untersuchungen zur Echtheit der Gold- und Bernsteinfunde von Bernstorf wollte Rüdiger Krause eigentlich nicht groß vorgreifen. Schon Ende vergangenen Jahres hatte der Frankfurter Professor für Vor- und Frühgeschichte angekündigt, dass die Ergebnisse im Herbst 2016 kompakt in einer Publikation vorgestellt würden. Bei einem Vortrag in Kranzberg sagte er am Freitagabend zu dem "Wissenschaftskrimi" dann aber doch so viel, dass es aus seiner Sicht keine Zweifel gibt, dass es sich um Originale aus der Mittleren Bronzezeit handele. In Kranzberg nahm man dies erleichtert zur Kenntnis. "Mir ist ein Stein vom Herzen gefallen", bekannte Alfons Berger, Vorsitzender des Fördervereins Pantaleonsberg.

Krause ging auch kurz auf die Prüfung des Goldes durch die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung ein, deren Analysen ebenfalls erst im Herbst veröffentlicht werden sollen. Sie bestätigten frühere Messungen in München und Frankfurt, bei denen einige wenige, heterogen verteilte Spurenelemente nachgewiesen worden seien - laut Krause ein Beweis, dass es kein modernes Industriegold ist.

Chemiker und Archäologe Ernst Pernicka zweifelt an der Authentizität

Im vergangenen Jahr war in der Fachwelt ein heftiger Streit darüber entbrannt, ob es sich um Fälschungen handele. Der Chemiker und Archäologe Ernst Pernicka griff die Frankfurter Wissenschaftler massiv an. Er argumentierte, dass es so reines Gold wie das in Bernstorf gefundene in der Mittleren Bronzezeit noch nicht gegeben habe. Krause widersprach in seinem Vortrag erneut und er fügte hinzu, er sei erschrocken, wie in der Fachwelt mit dem Thema umgegangen worden sei - bis hin zu persönlichen Anfeindungen.

In der Antike sei hoch reines Gold sehr wohl bekannt gewesen, es sei nicht sonderlich schwer herzustellen. Man dürfe die chemischen Analysen zudem nicht isoliert betrachten. Erforderlich sei auch eine stilistische und technische Beurteilung der Goldbleche. Er zweifele nicht an deren Authentizität, bilanzierte Krause. Gleiches gelte für die Bernsteine. Vanessa Bähr - sie war Grabungsleiterin in Bernstorf - belege in ihrer Dissertation, dass über neun Jahre hinweg insgesamt 55 Bernsteine gefunden worden seien. Auch das spreche gegen Fälschungen. Damals habe es Handelskontakte vom Baltikum bis in den Mittelmeerraum gegeben. Bernstorf habe beim Transfer des begehrten Bernsteins offenkundig eine wichtige Funktion gehabt.

Bernstorf Funde: Die Funde aus den Grabungen bei Bernstorf haben einen "Wissenschaftskrimi" nach sich gezogen.

Die Funde aus den Grabungen bei Bernstorf haben einen "Wissenschaftskrimi" nach sich gezogen.

(Foto: efm)

Größte Befestigungsanlage nördlich der Alpen

Der Bernstorfer Berg ist für Krause ein "herausragendes archäologisches Kulturdenkmal". Dort befand sich die größte Befestigung der Mittleren Bronzezeit nördlich der Alpen. Die 1,6 Kilometer lange Wallanlage umfasste eine Fläche von 12,8 Hektar. Hinweise auf eine Stadt fanden die Forscher nicht. Es müsse eine Besiedlung gegeben haben, sagte Krause, "aber wir können sie nicht beschreiben". Schon wenige Jahre nach Errichtung der Mauer gegen 1339 v. Chr. sei diese in Brand gesteckt worden. Womöglich aus rituellen Gründen, ähnliche Phänomene kenne man aus anderen Regionen. Auf kriegerische Auseinandersetzung deute jedenfalls nichts hin.

Die Auswertungen von Bähr zeigen aber auch, dass am Bernstorfer Berg in den vergangenen Jahren die meisten der ausgegrabenen Keramikscherben aus der Hallstattzeit (800 bis 450 v. Chr.) stammen. Diese spätere Anlage befand sich auf der Kuppe. Untersuchungen in diesem Bereich waren für die Wissenschaftler ernüchternd. Pflugspuren und die dünne Humusschicht deuten laut Krause darauf hin, dass der lockere Sandboden verändert und abgetragen wurde. Außerdem sei die Kuppe wohl in der Eisenzeit gekappt worden. Dadurch seien wichtige Informationen verloren gegangen, bilanzierte Krause. Bei den Grabungen waren Relikte aus der Bronze- und der Hallstattzeit "bunt durcheinander gemischt". Große Teile der bronzezeitlichen Anlage wurden zudem in den vergangenen Jahrzehnten durch Kiesabbau vernichtet.

Bei Gefahr flüchteten die Menschen hinter den Wall, vermutet Kruse

Eine weitere hufeisenförmige Befestigung im südlichen Bereich des Berges stammt aus dem frühen Mittelalter, aus dem achten, neunten Jahrhundert. Da in der 1,1 Hektar großen Innenfläche keine Kulturreste gefunden wurden, vermutet Krause, dass der Wall als Fluchtburg angelegt wurde. Um dies zu belegen, bräuchten die Wissenschaftler aber mehr Daten.

Kritik übte der Frankfurter Wissenschaftler am Kranzberger Bronzezeit-Museum, das aus seiner Sicht zu früh eingerichtet worden ist. Gerade die Hallstattzeit komme viel zu kurz, dies habe die aktuelle Forschung gezeigt. Er hätte eine Art Werkstattmuseum, das laufend aktualisiert wird, bevorzugt. Alfons Berger erwiderte, dass die bestehende Ausstellung überarbeitet und angepasst werden könne.

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