Kommunen in der Klemme:Kinderbetreuung vor Straßenentwässerung

Noch nicht kurz vor dem Bankrott, dennoch im Dilemma: Gröbenzells CSU-Bürgermeister Dieter Rubenbauer setzt angesichts der Finanznot Prioritäten.

Erich C. Setzwein und Stefan Salger

Mit zwei Millionen Euro Schulden gehört Gröbenzell noch nicht zu den Gemeinden, die kurz vor dem Bankrott stehen. Dennoch haben intensive Gespräche mit dem Landratsamt stattgefunden, in denen Bürgermeister Dieter Rubenbauer der neue Kurs gewiesen wurde: Konsolidierung. Dieser Aufforderung will Rubenbauer auch nachkommen.

Entscheidend aber sei, ob der Gemeinderat vom Herbst an im Haushalt 2011 konsequent ist und Posten reduziert oder ganz streicht. In den Sitzungen vor der Sommerpause ist die Haltung eines Teils der CSU-Fraktion schon deutlich geworden: Alles, was für Luxus gehalten wird, soll im nächsten Haushalt nicht mehr bezahlt werden.

Der CSU, die als einzige diese harte Haltung an den Tag gelegt hat, und den anderen Fraktionen wird sich die Frage aufdrängen, ob dies die Gemeinde in ihren Grundfesten erschüttert. Schließlich geht es auch um Einrichtungen für die Kinderbetreuung, die Jugend, die Alten und die Schulen. Denn Familienfreundlichkeit ist zum Markenzeichen der Gartenstadt geworden. Nicht große Gewerbegebiete zeichnen den Ort aus, sondern unter anderem die von der Gemeinde betriebenen drei Kindergärten, Krippe, Mittagsbetreuung und Hort.

"Es ist ein Merkmal Gröbenzells, dass jeder, der nachfragt, auch einen Platz bekommt", sagt Rubenbauer. Auch während der Konsolidierungsphase solle das so bleiben. Fragt man den Bürgermeister nach seiner Meinung, sagt der, ihm sei die Schule lieber als die Straße. Heißt: Statt die vom Landratsamt angemahnte Verbesserung der Straßenentwässerung vorzunehmen, um den Grundwasserschutz zu gewährleisten (Rubenbauer: "Ein sehr hohes Gut"), sollen die Bildungseinrichtungen ausgebaut werden. So dürfte einer der ersten Vorschläge aus der Verwaltung in den Haushaltsverhandlungen denn auch sein, die Ausgaben für den Straßenbau und weitere Bauprojekte zu strecken.

Zur Disposition werden nicht nur die Sachausgaben stehen, auch beim Personal hat man sich bereits Gedanken gemacht, als eine Stelle in einem Kindergarten nachbesetzt werden sollte. Wie diese werden von der Verwaltung alle frei werdenden Stellen überprüft. Rubenbauer kündigt an, dass dem Gemeinderat alle Varianten, Konsequenzen und Spielräume aufgezeigt würden, die sich bei der Nachbesetzung oder Streichung einer Stelle ergeben.

Zum Beispiel wurde im Bauhof die Handwerkerstelle nicht mehr besetzt, nun werden Aufträge an Fremdfirmen vergeben. Doch bei der ohnehin schlanken Verwaltung scheinen die Spielräume eher gering zu sein. Stellen offen zu lassen, könnte über kurz oder lang auf Kosten der Qualität in der Verwaltungsarbeit gehen. Eine Stelle hat die Gemeinde aber nachbesetzen müssen, auch wenn die Bewerberauswahl etwas länger dauerte: die des Kämmerers, der nun die Konsolidierungsvorschläge für die Beratungen im Herbst ausarbeiten muss.

Wie in anderen attraktiven Vorortgemeinden auch, hat die besserverdienende Bevölkerung einen großen Anteil an der Einnahmenseite der Gemeinde. Doch weil sich die Wirtschafts- und Finanzkrise gerade auch auf die mittleren und höheren Einkommen auswirkt, sinkt die Steuer daraus und somit auch der Teil, den der Staat den Gemeinden belässt. In den nächsten vier Jahren rechnet der Bürgermeister damit, dass es jährlich zweieinhalb Millionen Euro weniger sind, in vier Jahren also im Haushalt zehn Millionen Euro fehlen werden.

Die unter anderem von der SPD geforderte Anhebung der Gewerbesteuer von derzeit 330 auf 380 Punkte hält der Bürgermeister, für den die Akquise von Firmen Chefsache ist, für nicht zielführend. Schützenhilfe erhält der CSU-Politiker Rubenbauer in diesem Punkt aus ungewohnter Richtung:von Martin Runge, haushaltspolitischer Sprecher der Grünen im Landtag und Gröbenzeller Gemeinderat. Die Erhöhung der Gewerbesteuer sei in der aktuellen Lage kontraproduktiv, meint auch der. Denn die Wirtschaftskrise habe bei Büroräumen auch in der Region München zu gewaltigen Leerständen geführt. Ein relativ niedriger Gewerbesteuersatz sei ein entscheidender Wettbewerbsvorteil.

Freilich stellt sich Rubenbauer auch die Frage, warum immer nur die Kommunen sparen sollen. Alle Ebenen sollten ihren Beitrag leisten. Da schließt er auch den Bund ein: "Ich habe kein Verständnis, wenn die Bafög-Erhöhung mit der Neuverschuldung erkauft wird." Vor allem die Leistungsgesetze belasteten die Ausgaben: "Das wird auf kommunaler Ebene nicht mehr erwirtschaftet."

Kritik muss aber auch Rubenbauer selbst einstecken. Runge lässt als Grund für die "desolate Situation der Finanzen in Gröbenzell" nur zum Teil die Wirtschaftskrise oder die rapide angestiegene Kreisumlage gelten. Verschärft worden sei die Lage "durch Entscheidungen des Bürgermeisters und seiner Mehrheiten im Gemeinderat". Das Problem sei auch hausgemacht. Runge nennt als Beispiele den Kauf mehrerer großer, teurer Grundstücke, den Umbau der Bahnhofs-Unterführung sowie die Schaffung zusätzlicher Parkplätze vor dem Freizeitheim-jeweils für viele hunderttausend Euro.

Sein Vorschlag für die vom Landratsamt verordnete Haushaltskonsolidierung: Verkauf von Grundstücken, Verzicht auf Baumaßnahmen wie der von der Rathausmehrheit beschlossene Umbau der Kirchenstraße oder die teuren Umbaumaßnahmen im Rathaus.

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