Süddeutsche Zeitung

Kommunalwahl im Landkreis Freising:Kreistag will Klinikum behalten

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Landrat Josef Hauner widerspricht den Gerüchten einer geplanten Privatisierung. Vielmehr soll der Masterplan zur Aufwertung des Klinikgeländes endlich Realität werden.

Von Peter Becker, Freising

Die Gerüchteküche brodelt im tobenden Wahlkampf. Von einer möglichen Privatisierung des Freisinger Klinikums ist da die Rede. Ursache, warum das so kolportiert wird: unbekannt. Möglicherweise ist der Nährboden des Gerüchts, dass das Klinikum in den vergangenen beiden Jahren wieder rote Zahlen schreibt. 776 000 Euro waren es im Jahr 2018. Gar von etwa 1,9 Millionen Euro sprach Andreas Holzer, Geschäftsführer des Klinikums, in der letzten Kreistagssitzung des vergangenen Jahr.

Landrat Josef Hauner (CSU) versicherte in der Kreisausschusssitzung am Donnerstag, das Gerede von einer möglichen Privatisierung des Krankenhauses sei Unfug. Es trage nur zur Verunsicherung der Patienten und Angestellten bei. "Es gibt keine Überlegungen das Klinikum zu privatisieren", betonte er. Als sprechenden Beweis führte der Landrat den Masterplan zur Neugestaltung des Krankenhausgeländes an, den der Landkreis als Betreiber und die Stadt Freising gemeinsam verfolgen.

Gegenwärtig gibt es keinen Grund, warum der Landkreis Freising sich seines Krankenhauses entledigen sollte. Darüber herrscht Konsens im aktuellen Kreistag. Ebenso darüber, dass ein öffentliches Klinikum nicht unbedingt gewinnbringenden arbeiten muss. Dass das Freisinger Krankenhaus aktuell ein höheres Defizit einfährt als in den vergangenen Jahren, hat mehrere Ursachen. Da spielen gestiegene Personalkosten ebenso eine Rolle, wie die so genannten Casemixpunkte. Sie beschreiben den Schweregrad einer Patientenversorgung, nach denen sich wiederum die Einkünfte des Krankenhauses richten. Im Fall des Freisinger Klinikums kommt hinzu, dass ältere Menschen im Anschluss an eine Behandlung nur schwer in Einrichtungen mit Kurzzeitpflege vermittelt werden können. Das schlägt aufs Budget. Das Angebot ist knapp.

In der Pflege fehlen Fachkräfte

Franz Bernack, Referent für Stadtplanung im Freisinger Stadtrat, stellte an diesem Freitag während einer Pressekonferenz der Freisinger Mitte (FSM) fest, dass das Klinikum mit seinen gut 1000 Beschäftigten zu den "Top Ten" der Arbeitgeber in der Stadt Freising gehöre. Wie andernorts auch, fehlen am Klinikum Fachkräfte im Pflegebereich. Solche sollen etwa in Tunesien und den Philippinen akquiriert und für den Dienst am Patienten fit gemacht werden.

Das Freisinger Krankenhaus steht, was Fachkräfte anbelangt, in Konkurrenz zu anderen Kliniken in der Münchner Region. Wie die Attraktivität des Standorts Freising steigern?, lautet da die Frage. In der letzten Sitzung des Kreistags im alten Jahr ging es darum, welche Angestellten des Landkreises die Großraumzulage erhalten sollen. Ungeklärt ist da bislang der Status der Angestellten des Klinikums, die als solche Bedienstete des Landkreises sind. Für Birgit Mooser-Niefanger steht es außer Frage, dass auch diese in den Genuss der Zulage kommen sollten. Es dürfe nicht sein, dass diese leer ausgingen, bekundete sie während der Pressekonferenz der FSM zum Klinikum. Es sei Aufgabe des Kreistags, sich dafür einzusetzen. Dies gehört für Mooser-Niefanger zu einer Kultur der Wertschätzung. "Eine schwarze Null darf dabei nicht das Thema sein." In der Pflicht, sich für die Gleichbehandlung der Klinik-Angestellten einzusetzen, steht da der Nachfolger des aktuellen Gremiums. FSM-Kreisrat Christoph von Schilling, selbst am Klinikum beschäftigt, hält eine Aufwertung des Pflegeberufs für dringend notwendig. Finanzielle Anreize müssten helfen, eine Abwanderung des Pflegepersonals zu verhindern.

Eine weitere Möglichkeit, Arbeitskräfte ans Klinikum zu binden, ist der Masterplan, den Landkreis und Stadt Freising gemeinsam verfolgen. Wahrhaft eine Planung "von großer Dimension", stellt Bernack fest. Immerhin handelt es sich dabei um ein Grundstück mit einer Größe von 48 000 Quadratmetern. Aufgetaucht ist die Idee des Masterplans vor zwei Jahren. Er sieht den Abriss der maroden Gebäude des Schwesternheims vor. Statt dessen sollen dort Wohnungen für die Angestellten, eine Kindertagesstätte und Betreutes Wohnen entstehen. Parkplätze, die jetzt mehr oder weniger auf einer Brache liegen, sollen in einer Tiefgarage verschwinden. Für Patienten und Besucher solle sich das Gelände besser erschließen. Derzeit befindet sich die Umsetzung des Masterplans im Bauleitverfahren. Nach Einschätzung von Bernack könnten Mitte 2021 erste Baumaßnahmen stattfinden. Möglicherweise lasse sich die eine oder andere vorziehen, wie etwa die Kindertagesstätte. "Das Areal soll positiv wahrgenommen werden", sagte Bernack. Ein soziales Zentrum solle dort entstehen. Mit in den Entscheidungsprozess eingebunden ist auch der neue Kreistag.

Wenn sich die Angestellten im Klinikum gut aufgehoben fühlen sollen, dann gilt das auch für die Patienten. Im Oktober des vergangenen Jahres eröffnete im Klinikum das "Medizinische Versorgungszentrum" zur besseren ambulanten Versorgung von Schmerzpatienten. Die Entbindungsstation wurde mit modernen Entbindungsbetten ausgestattet. Wünsche für zusätzliche Einrichtungen im Krankenhaus gibt es einige. Herbert Bengler (SPD) vermisst eine Geriatrie für die Versorgung älterer Menschen, Mooser-Niefanger tritt für eine bessere Versorgung von Kindern ein. Die müssen bislang nach Landshut oder München gefahren werden.

Von Schilling sieht die Gesundheitsregion plus, dieses Prädikat hat der Landkreis erworben, gefordert. Deren Arbeitsgruppen tagten zwar oft, aber konkrete Ziele seien bislang für seinen Geschmack zu wenig erreicht worden. Er sieht da mehr Potenzial. Etwa bei der Überleitung pflegebedürftiger Patienten zu ambulanten Einrichtungen oder Vereinen, die sich um diese Klientel kümmern.

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SZ vom 22.02.2020
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