Kommentar:Kindskopf mit guten Absichten

Das Stellengesuch von Michi Kasper mag nicht korrekt sein, unbestritten ist, dass es arbeitssuchende Mütter nicht leicht haben.

Kommentar von Eva Zimmerhof

Er muss schon ein gewaltiger Kindskopf sein, wenn jemand darauf beharrt, explizit eine Mama bei sich einzustellen. Sich damit Ärger einzuhandeln, das nimmt Michi Kasper jedenfalls in Kauf. Na gut, wer sich ein Kissen und zwei Orangen unter den Pullover schiebt, habe ebenfalls eine Chance, räumt er ein, ganz Philanthrop. Als kreativer Kopf prägt er die Freisinger Kulturszene, ist langjähriger Uferlos-Mitorganisator und sicher einer der Freisinger mit den meisten Kontakten in der Region. Dieser Kindskopf meint es anscheinend gut - doch der Schuss kann auch nach hinten losgehen. Tatsächlich könnte ihn jemand wegen Verstoßes gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AAG) verklagen. Vielleicht würde derjenige dann aber im nächsten Leben als Ameise wiedergeboren - zumindest in der Vorstellung der Kasper-Fans, seiner 3339 Facebook-Freunde, oder eben in der von Müttern, die nach der Elternzeit zu Hause sitzen und vielleicht nie wieder in ihren Beruf hinfinden werden. Der Doktortitel? Für die Tonne. Und da kommt so eine Kasper-Aktion. Da ist endlich einer, der sich für sie einsetzt.

Das AGG soll dafür sorgen, dass niemand ausgegrenzt wird. Klar können sich Väter und Kinderlose auf den Schlips getreten fühlen: Das Gesuch ist juristisch nicht einwandfrei. Allerdings waren arbeitende Mütter lange als Rabenmütter verschrien. Die Zeiten haben sich geändert. Die Rahmenbedingungen ändern sich indes nur langsam, das sieht man etwa dann, wenn in Schicht arbeitende Krankenschwestern an Kindergartenöffnungszeiten verzweifeln. Wer eine Teilzeitstelle sucht, hat laut Sprecherin der Freisinger Arbeitsagentur mindestens "einen weitaus größeren Bewerbungsaufwand". Selbst wer fleißig sucht, erntet dafür nicht unbedingt die Früchte. Sind Mütter, die arbeiten wollen, die eigentlichen Diskriminierungsopfer? Das zu sagen, wäre wohl übertrieben. Männer haben es in der Regel dennoch leichter. Vielleicht braucht die Mütterwelt genau so jemanden: einen leichtsinnigen Kindskopf. Einen, der kreativ eine paradoxe Situation geschaffen hat, indem er diskriminiert, um anderen Nicht-ganz-Gleichgestellten eine Chance zu geben. Die derzeitige Arbeitswelt wird das Mama-Stellengesuch nicht verändern. Doch vielleicht findet hier etwas seinen Anfang.

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