Süddeutsche Zeitung

Kommentar :Kein Grund zur Hektik

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Pläne für ein neues Flüchtlingsheim sollten mit Stadt und Nachbarn diskutiert werden

Von Alexandra Vettori

Überraschend kommt die Anfrage der Regierung von Oberbayern nicht. Schon vor drei Jahren gab es Pläne, an der Freisinger Gartenstraße eine Asylbewerberunterkunft zu bauen. Was überrascht, ist die Art, wie das Projekt wieder auf's Tablett kommt, holterdipolter, als Antrag auf gemeindliches Einvernehmen, ohne Vorgespräche, ohne Beteiligung der Anwohner.

Klar kommen weiter Flüchtlinge nach Deutschland, allein im Landkreis sind es vier pro Woche. Wer sich die Lage in der Welt ansieht, wird sich darüber nicht wundern. Doch von einer Situation wie 2015, als die staatlichen Institutionen auf die Zahl der Ankommenden nicht vorbereitet waren und hektisch Unterbringungsmöglichkeiten suchten, sind wir meilenweit entfernt. Damals hat man für die neu zu bauenden Unterkünfte sogar das Baugesetzbuch geändert, genauer, den Paragraf 246, Absatz 9. Der erleichterte den Bau von Flüchtlingsunterkünften. Im Gegensatz zu anderen Bauten muss für diese eine Reihe von Auflagen nicht erfüllt werden, sind Ausnahmegenehmigungen leichter zu haben, auch im Außenbereich, wie er in der Gartenstraße vorliegt. Ein Problem dürfte das aber nicht geben, läuft die flüchtlingsbedingte Baurechtsänderung doch zum 31. Dezember 2019 wieder aus.

Wenn, wie die Pressesprecherin der Regierung angekündigt hat, die Gespräche mit der Stadt nächstes Jahr weitergehen, hat diese vermutlich eine bessere Verhandlungsposition, so sie sich auf den Außenbereich beruft. Ohnehin herrscht bei der Unterbringung von Asylbewerbern im Landkreis derzeit alles andere als Raumnot. 159 freie Plätze soll es in den 64 Unterkünften momentan geben. Natürlich kann sich das rasch ändern, Einrichtungen werden geschlossen, Verträge laufen aus, und die weltpolitische Lage bessert sich in absehbarer Zeit nicht. Allerdings ist es derzeit so entspannt, dass, wie der Freisinger OB sagte, nichts schnell und ohne Einbezug der Anwohner aus dem Boden gestampft werden muss. Die Zeiten sind vorbei.

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Quelle:
SZ vom 13.12.2019
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