Kommentar:Der Tierschutz braucht Gesetze

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Tierschutz steht zwar beim Verbraucher inzwischen hoch im Kurs, aber der lässt sich mit schicken Labels und Hochglanzbroschüren gerne beruhigen

Von Katharina Aurich

Wieder einmal sind die Landwirte gut für Schlagzeilen, dieses Mal wegen der Kühe, die das ganze Jahr angebunden in den Ställen stehen. In 46 Höfen im Landkreis Freising fristen Milchkühe ihr Leben tatsächlich ohne jede Bewegung oder Sozialkontakte. Die Molkereien wollen angeblich von 2030 keine Milch mehr von Tieren aus derartiger Haltung abnehmen. Der Bauernverband schreit wie gewohnt auf und vermutet dahinter nicht den Wunsch nach mehr Tierschutz, sondern eine schnöde Werbemaßnahme. Er hat vermutlich Recht.

Tierschutz steht zwar beim Verbraucher inzwischen hoch im Kurs, aber der lässt sich mit schicken Labels und Hochglanzbroschüren gerne beruhigen. Denn so genau mag man doch nicht hinsehen. Dann sähe man nämlich, dass nicht nur angebundene Milchkühe ein kurzes, durchschnittlich nur vierjähriges Leben fristen, bevor sie wegen Krankheiten geschlachtet werden. Man sähe auch die Bullenmastställe, wo die Rinder eng gepfercht, ohne Platz zum Abliegen, in dichten Ammoniakwolken Schwanznekrosen entwickeln, man sähe Schweineställe, wo Muttersauen in Kastenstände gezwängt abferkeln und Mastschweine auf Spaltenböden reihenweise Klauenschäden bekommen und sich gegenseitig die Schwänze abbeißen.

So lange sich an der Landwirtschafts- und Agrarförderpolitik nichts ändert, so lange die breite Konsumentenmasse meint, einen Euro für einen Liter Milch zu bezahlen, sei unzumutbar teuer, so lange ist das einzelne Nutztier nichts wert. Der Vorstoß der Molkereien für ein Ende der Anbindehaltung bis 2030 ist viel zu soft und unkonkret. Sinnvoller wäre es gewesen, wenn sich die Bundesregierung zu einem Verbot der ganzjährigen Anbindehaltung, wie es zum Beispiel in der Schweiz gilt, durchgerungen hätte und weitere Gesetze für eine erträgliche Tierhaltung, die natürlich etwas kostet, folgen ließe. Damit müsste man die Landwirte nicht einmal alleine lassen, Subventionen gäbe es genug, sie müssten nur umgeschichtet werden. Und wenn ein Liter Milch so viel wie ein Liter Benzin kosten würde, wäre das auch kein Drama

© SZ vom 11.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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