Kommentar:Bitte mehr Demut

Man sich schon fragen, wie weit der Realitätsverlust bei Teilen der Freisinger Christsozialen fortgeschritten ist

Von Kerstin Vogel

So sehen Sieger aus", singen Fußballfans in ihren Stadien - ein gewonnenes Spiel ihrer Mannschaft vorausgesetzt. Am Wahlabend im Landratsamt sangen das die Startbahngegner von Plane Stupid und der eine oder andere Kandidat; und es war ein bisschen verständlich, schließlich ist das Ziel, den ungeliebten Ausbau des Münchner Flughafens zu stoppen, mit dem Wahlergebnis vom 14. Oktober tatsächlich ein wenig näher gerückt, und die Kandidaten von Freien Wählern und Grünen durften sich ja wirklich über Stimmenzuwächse freuen.

Wenn dagegen der Freisinger CSU-Ortsvorsitzende Jürgen Mieskes am Wahlabend über einem Gruppenfoto der CSU auf Facebook ebenfalls titelt, dass so "die Sieger aussehen", dann muss man sich schon fragen, wie weit der Realitätsverlust bei Teilen der Freisinger Christsozialen fortgeschritten ist. Wenn man als Stimmkreis-Abgeordneter der CSU, noch dazu ausgestattet mit einem Ministerbonus, von den Wählern mit nur 27,4 Prozent der Stimmen abgestraft wird und damit im Vergleich zu dem ohnehin schon schlechten Wahlergebnis vor fünf Jahren noch einmal mehr als zehn Prozent verliert, dann hat man vielleicht das Mandat noch so irgendwie gewonnen - aber muss man sich wirklich auch dann noch als "Sieger" gerieren?

Natürlich geht der von der Staatsregierung forcierte Bau der dritten Startbahn in der Flughafenregion stets zu Lasten der CSU. Ganz sicher aber war dieses Thema nicht allein ausschlaggebend für das schlechte Ergebnis der Freisinger Christsozialen, wie man dort nun suggerieren möchte. Tatsächlich haben sowohl die Grünen mit ihrem jungen Kandidaten Johannes Becher wie auch Benno Zierers Freie Wähler einen sehr guten und engagierten Wahlkampf geführt. Sie sind offensichtlich anders als die CSU mit ihren Themen und Lösungsvorschlägen bei den Menschen in der Region angekommen: Flächenfraß, Klimawandel und Energiewende im Fall der Grünen oder die Rückkehr zum G 9 und die Abschaffung der verhassten Straßenausbaubeitragssatzung, die sich die Freien Wähler auf die Fahnen geschrieben hatten. Statt irgendwelcher Fangesänge möchte man daher die von Ministerpräsident Markus Söder angesichts des Wahldebakels angekündigte "gebotene Demut" auch den Freisinger Christsozialen empfehlen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: