Kolpingverein vor 70 Jahren:Ausflüge mit dem Lastwagen der Alliierten

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Josef Allwang (links) gehört dem Kolpingverein seit 1946 an. Dafür wurde er jetzt von Vorsitzender Elisabeth Maier und Präses Walter Schwind geehrt. (Foto: Marco Einfeldt)

Nach dem Verbot durch die Nazis wurde der Kolpingsverein vor 70 Jahren wiederbelebt. Josef Allwang war damals dabei

Von Tobias Wagenhäuser, Freising

Die Freisinger Kolpingsfamilie gibt es bereits seit 1853. Doch im Februar 1946 wurde der katholische Sozialverband in der Domstadt, wenn man so will, zum zweiten Mal gegründet. Nachdem christliche Vereine im Dritten Reich verboten gewesen waren, konnte der Freisinger Kolpingsverein vor 70 Jahren sein Werk fortsetzen. Das wurde jetzt gebührend gefeiert - unter anderem mit einer Vesper in der Klosterkirche Sankt Klara und der Ehrung langjähriger Mitglieder.

Drei waren 1946 schon dabei: Die Brüder Josef und Johann Allwang sowie Johann Eichenlaub. Letztere beiden konnten krankheitsbedingt nicht an der Feier teilnehmen. Die Ehrenurkunde an Josefs jüngeren Bruder Johann Allwang überreichten Vorsitzende Elisabeth Maier und Präses Walter Schwind deshalb vorab im Krankenhaus. Obwohl Allwang gerade erst eine Lungenentzündung überstanden hatte, sang er dazu im Krankenbett stolz das Kolpinglied, wie Maier bei der Feier am Sonntag berichtete.

Den 93-jährigen Josef Allwang ließ die Kolpingsfamilie im Sankt-Georg-Haus persönlich hochleben. Sein Vater hatte ihn als 22-Jährigen zu Kolping mitgenommen. "Gewusst, was die da machen, habe ich da noch nicht", erzählt Josef Allwang. Er blieb trotzdem sieben Jahrzehnte dabei und leitete als aktives Mitglied jahrelang Tanzkurse. "Das war damals sicher ein inoffizieller Heiratsmarkt für die Region", sagte Maier und lud Allwang ein, aus der Zeit zu erzählen. Der berichtete, wie der Verein in den Nachkriegsjahren den Lastwagen der Alliierten für Ausflüge geliehen bekommen habe. Als er seine Heimkehr von der Front im Russlandfeldzug beschrieb, mahnte er die Anwesenden im Saal zum Frieden. 1943 war er verletzt aus dem Krieg zurückgekehrt, nachdem ihm ein Splitter die rechte Hand zertrümmert hatte. Während Allwang erzählte, hing an der Wand hinter ihm das einzige erhaltene Kolpingbanner der Vereinsversammlung 1933 in München. Schlägertrupps der Nationalsozialisten hatten alle anderen zerstört, als sie die Versammlung gewaltsam beendeten.

Das Kolpingwerk geht auf den Handwerker und Priester Adolph Kolping zurück. Er gründete 1849 in Köln den "Gesellenverein", um den sozialen Ungerechtigkeiten der Industrialisierung entgegenzutreten. Nach dem Zweiten Weltkrieg widmete sich das Kolpingwerk der beruflichen Bildung und sozialen Arbeit. Mit weltweit fast einer halbe Million Mitglieder setzt es sich heute vor allem für Kinder, Familie und Senioren ein.

© SZ vom 04.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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