Kochen in Hohenkammer:Was Weiches braucht was Knuspriges

Kochen in Hohenkammer: Ausgewählte Zutaten und viel Sorgfalt bei der Arbeit braucht ein Koch wie Silvio Petras für das Niveau, das im Restaurant "Camers" verlangt wird.

Ausgewählte Zutaten und viel Sorgfalt bei der Arbeit braucht ein Koch wie Silvio Petras für das Niveau, das im Restaurant "Camers" verlangt wird.

(Foto: Marco Einfeldt)

Im Restaurant "Camers" wird immer auf hohem Niveau gekocht. Silvio Petras hat dort so viel gelernt, dass er bei der Bayerischen Jugendmeisterschaft für Köche den ersten Platz belegt hat.

Von Nadja Tausche, Hohenkammer

Ein Bestandteil der Soße für das Gericht "Imperial Taube" sind die Flügel vom Täubchen. Was später als Fleischstück auf dem Teller landen wird, sind Stücke von der Taubenbrust. Die Tiere kommen vom Großmarkt in Frankreich und liegen an diesem Donnerstagmittag in einer Metallschale in der Restaurantküche. Aneinandergereiht, rosa, die Haut erinnert an die von rohen Hähnchen. "Die gehen jetzt gleich in Entenfett baden", sagt Chefkoch Florian Vogel. Ab Mittag wird im "Camers" vorbereitet, wenn das Restaurant später öffnet, werden die Tauben Teil des Fünf-Gänge-Menüs sein.

Das Menü wechselt im Restaurant Camers alle vier bis fünf Wochen durch. Was man als nächstes kocht, bestimmt Vogel zufolge nicht er, sondern das ganze Team. Das Vier-Gänge-Menü kostet 93 Euro, das mit fünf Gängen 105 Euro. Aber: "Wer vier Gänge bestellt, kriegt acht", wirbt Vogel, denn zusätzlich bekomme der Gast etwa einen Gruß aus der Küche oder das "Pre Dessert". Seit knapp vier Jahren gibt es das Camers am Standort im Schloss Hohenkammer. Das Restaurant wurde schon mit einem Michelinstern ausgezeichnet, Vogel selbst im Schlemmer Atlas 2018 unter die 50 besten deutschen Köche gewählt.

Den Spannungsbogen langsam aufbauen

Beim Zusammenstellen von Menüs sei wichtig, so sagt es Vogel, dass es bei den Zutaten keine Wiederholungen gebe. In mehreren Gängen rote Beete, das gehe nicht. Außerdem brauche jedes Menü einen roten Faden: Man müsse den Spannungsbogen langsam aufbauen und dürfe nicht mit zu starken Aromen beginnen. Die Zutaten sollten geschmacklich harmonisieren und in der richtigen Menge kombiniert sein, und sogar die Konsistenz der Zutaten sei von Bedeutung: "Was Weiches braucht was Knuspriges."

In die Wiege gelegt wird einem dieses Wissen nicht. Einzelne Bestandteile herauszuschmecken, das habe zwar mit Talent zu tun, sagt Vogel, aber den Rest könne man lernen: Etwa, welche Zutaten man gut kombinieren könne. Was einen guten Koch ausmacht? "Interesse", findet er. Und Fingerfertigkeit. Koch zu sein versteht Vogel als "Berufung, nicht als Beruf".

Kochen in Hohenkammer: Florian Vogel ist Chefkoch im "Camers". Wer viel gebe, bekomme hier auch viel, sagt er über die Ausbildung.

Florian Vogel ist Chefkoch im "Camers". Wer viel gebe, bekomme hier auch viel, sagt er über die Ausbildung.

(Foto: Marco Einfeldt)

Auch Silvio Petras, früherer Auszubildender im Camers, hat viel beim Zuschauen und Probieren gelernt, wie er erzählt. Wichtig findet er für den Beruf auch, Durchhaltevermögen zu haben und die Bereitschaft, bis spät nachts zu arbeiten. Petras ist mittlerweile in der Gutshofküche des Schlosshotels angestellt, das eigene Gerichte anbietet. Im Januar diesen Jahres hat er bei den Bayerischen Jugendmeisterschaften für Köche den ersten Platz gemacht. Dabei mussten die Teilnehmer aus einer Reihe vorgegebener Zutaten Gerichte zubereiten, die Nachspeise zum Beispiel aus Birne und Schokolade. Er habe davor einige Wochen Zeit gehabt zu üben, erzählt Petras. Dabei habe er auch Hilfe aus der Küche in Hohenkammer bekommen. Er sehe sich wie einen Trainer beim Sport, sagt Vogel: Der Auszubildende müsse sich Gedanken machen, aber dann unterstütze er ihn auch.

In Wettbewerbe drängen will Vogel die Auszubildenden nicht

Unbedingt notwendig sind solche Wettbewerbe für die Ausbildung im Camers nicht. Vogel sagt, er dränge Azubis nicht in die Richtung. "Aber wer viel gibt, der bekommt von uns auch viel": Für den nehme man sich Zeit und vertraue ihm schnell neue Aufgaben an. Auch Sandra Hofer war Auszubildende im Camers, sie hat die Deutsche Jugendmeisterschaft der Köche gewonnen und beim internationalen Jugendwettbewerb "Global Young Chefs Challenge" den fünften Platz gemacht. Stolz sei Vogel darauf nicht unbedingt: "Das hat sie selbst geschafft", findet er. Dass erfolgreiche Jugendliche dabei bleiben, freue ihn, Nachwuchs sei extrem wichtig.

Von dem Mangel an Auszubildenden ist das Camers allerdings nicht betroffen. Bisher stand vier ausgebildeten Köchen ein Lehrling gegenüber, ab diesem Jahr kommt ein zweiter dazu. Auf dem Auszubildenden liege viel Aufmerksamkeit, sagt Petras. Auch die Lehrlinge der Gastronomie des Schlosshotels machen während ihrer Ausbildung Station im Camers.

Ungewöhnlich: Ein Kuchen in Breiform

Mit einer Goldschicht überzogene Haselnüsse, über Nacht marinierte Karottenschalen und die Stängel dieser Karotten als grünes Pulver: Aus der Restaurantküche kommt so manches, was überrascht. So ist es auch innen drin. Auf der Arbeitsfläche steht ein Thermomix. "Dass wir einen Thermomix haben, vermutet keiner", sagt Vogel. Das Küchengerät sei aber praktisch, wegen seiner Kraft und weil man beim Mixen die Temperatur einstellen könne.

Auch ungewöhnlich zu beobachten: Was später als "Cheesecake" - Käsekuchen - auf der Karte stehen wird, verarbeitet Aili Berghäll gerade zu Brei. Den Kuchen hat man gestern gebacken, serviert wird er später als Mousse zusammen mit eingelegten Rosenblütenblättern und Himbeersud. Man wolle die Dinge neu interpretieren, sagt die gelernte Konditorin und presst die Masse durch ein Sieb. Was vorher der Rand des Kuchens war, bleibt jetzt als braune Stückchen im Sieb hängen. Neben solcher Exotik steht wiederum auch Popcorn im Menü. Selbstverständlich sei das kein normales Popcorn, sagt Vogel. Jedes einzelne Teil sei mit einer dünnen Schicht Karamell überzogen. Man dürfe sich nicht zu sehr an Erwartungen klammern: "Wichtig ist, dass man sich fallen lässt."

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