Kleinkunstbühne:Rettung für das "Abseits"

Kleinkunstbühne: Derzeit modert die seit zwei Jahren geschlossene Neustifter Kultkneipe "Abseits" vor sich hin. Das soll sich bald ändern: Der Stadtrat hat sich für einen Kauf des Areals ausgesprochen, der Abseits-Verein will das Gebäude renovieren, sobald alle Modalitäten geklärt sind.

Derzeit modert die seit zwei Jahren geschlossene Neustifter Kultkneipe "Abseits" vor sich hin. Das soll sich bald ändern: Der Stadtrat hat sich für einen Kauf des Areals ausgesprochen, der Abseits-Verein will das Gebäude renovieren, sobald alle Modalitäten geklärt sind.

(Foto: Marco Einfeldt)

Der Stadtrat stimmt dem Kauf der Immobilie zu und bringt den Verein, der die Kultkneipe wieder eröffnen will, seinem Ziel einen Schritt näher. Graf von Moy stellt eine finanzielle Unterstützung bei der Sanierung in Aussicht.

Von Clara Lipkowski, Petra Schnirch, Kerstin Vogel, Eva Zimmerhof, Freising

Die Fans der alternativen Kultur in Freising sind der Wiederbelebung ihrer Kultkneipe "Abseits" einen Schritt näher gekommen. Der Stadtrat hat am Mittwoch, 7. Februar, in nicht-öffentlicher Sitzung einem Kauf der Immobilie am Herrenweg nach mehrstündiger Debatte mit deutlicher Mehrheit grundsätzlich zugestimmt.

Bekanntlich hatte der Besitzer, Guy Graf von Moy, das Lokal in dem denkmalgeschützten Gebäude wegen Brandschutzmängeln Ende 2015 schließen müssen. Seitdem ringt der eigens gegründete Abseits-Verein um eine Möglichkeit, die Kultkneipe wieder zu beleben und ein alternatives Kulturzentrum daraus zu machen - idealerweise, indem die Stadt Freising das Areal kauft und dem Verein anschließend auf Erbpachtbasis zur Verfügung stellt. Als Kaufpreis waren zuletzt 1,23 bis 1,5 Millionen Euro genannt worden.

Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher (FSM) wirbt um Verständnis für die geheime Diskussion über den Erwerb des "Abseits". Er begründet das mit den "Rahmenbedingungen" des Vertrags, die ebenfalls Thema gewesen seien. Dabei geht es etwa um Auflagen und die Laufzeit. "Eins hängt mit dem anderen zusammen", so Eschenbacher. Außerdem könne er nicht über Details reden, wenn er zuvor nicht mit dem Eigentümer gesprochen habe.

Moy selber erfuhr am Donnerstag von der Stadtratsentscheidung

Moy selber wurde am Donnerstag von der Stadtratsentscheidung überrascht, nannte diese im Gespräch mit der SZ aber eine "wirklich ganz erfreuliche Neuigkeit". Beim Kaufpreis habe seine letzte Forderung im Dezember bei rund 1,5 Millionen Euro gelegen. "Seitdem bin ich auch nicht mehr höher gegangen, obwohl die Immobilienpreise in Freising sonst steigen."

"Nun werde ich die Einzelheiten mit dem Oberbürgermeister besprechen. Exakte Vorstellungen habe ich noch nicht." Zu Moys Bedingungen zählt jedoch die kulturelle Nutzung des Gebäudes und, dass eine kommerzielle Nutzung durch einen anderen Investor unterbunden wird. Wohnungen sollten dort eben nicht entstehen. "Das Abseits soll einen - ich sage bewusst einen - Betrieb wieder aufnehmen können." Darüber hinaus stellt Moy seine Unterstützung in Aussicht: "Wenn es mit der kulturellen Nutzung klappt, bin ich bereit die Sanierung finanziell zu fördern."

Der Vorsitzende des Abseits-Vereins, Norbert Bürger, ist sehr froh über die Entscheidung des Stadtrats. "Als wir das am Mittwochabend erfahren haben, haben wir natürlich entsprechend gefeiert." Am Donnerstagnachmittag wollte er dann "rüber zum Rathaus gehen" und einen Termin mit dem Oberbürgermeister vereinbaren. Denn was jetzt genau passiere, wisse er auch noch nicht, aber über die Nutzung etwa werde man reden und über die künstlerische Umsetzung.

Fraktionsintern wurde nicht einheitlich abgestimmt

Viele Stadträte hielten sich auch am Donnerstag bedeckt mit Aussagen über die geheime Sitzung. Klar ist: Die Entscheidung war nicht einstimmig und zumindest in der FSM und bei der CSU wurde auch fraktionsintern nicht einheitlich abgestimmt. Peter Warlimont (SPD) sagte, er sei dem Vorhaben gegenüber nach wie vor kritisch eingestellt, was sich in der Abstimmung bemerkbar gemacht habe. Rudolf Schwaiger (CSU) wurde deutlicher: "Ich habe dagegen gestimmt." Er wisse aber, dass dies nicht alle in seiner Fraktion getan hätten. Auch in der FSM wurde diskutiert, bestätigte Stadtrat Franz Bernack, etwa darüber, dass der Abseits-Verein gegenüber anderen Vereinen nicht begünstigt werden dürfe.

Klar auf Distanz geht die FDP: "Ich habe dagegen gestimmt, weil ich meine, die Stadt soll sich nicht ein weiteres Mal in ein finanzielles Engagement hineintreiben lassen", sagte Anna-Maria Sahlmüller mit Blick auf die Eishalle. Abgesehen von den wirtschaftlichen Risiken fürchtet sie einen Präzedenzfall. Empört zeigt sich FDP-Ortsvorsitzender Jens Barschdorf: "Während Sportvereine um jeden Brotkrumen Förderung kämpfen müssen, wird hier eine Kneipe mit zweifelhaftem Ruf auf Kosten des Steuerzahlers gerettet".

Aus CSU, FSM, FW, SPD und von den Grünen hieß es unterdessen, dass nun die Details zwischen der Stadt und dem Eigentümer Guy Graf von Moy geklärt werden müssten, bevor der Kauf besiegelt werden könne. Darüber hinter verschlossenen Türen zu sprechen, sei bei Grundstücksverhandlungen üblich. "Das ist ja, als wollte man einen Mietvertrag öffentlich debattieren", so Rudolf Schwaiger.

Zum Kaufpreis hat man sich auf kollektives Schweigen geeinigt

Zum Kaufpreis haben sich die Stadtpolitiker auf kollektives Schweigen geeinigt. "Natürlich haben wir über den endgültigen Preis gesprochen", sagt Susanne Günther (Grüne), nennen wollte sie ihn aber auch nicht. Sie selber habe wie ihre gesamte Fraktion mit "Ja" gestimmt. "Diese Entscheidung ist sehr gut für Freising. Das Gebäude nicht zu kaufen wäre nicht nur kulturpolitischer sondern auch finanzpolitischer Unsinn gewesen." Angesichts dessen, was schon öffentlich über das Abseits diskutiert worden sei, könne sie die Geheimhaltung nicht nachvollziehen: "Letztlich habe ich das auch nicht ganz verstanden aber selbstverständlich akzeptiert."

Sobald sich die Stadt nun mit Guy Graf von Moy auf einen Vertrag geeinigt haben wird, will sie an den Abseits-Verein herantreten. "Die Kaufentscheidung hängt wesentlich mit dem Erbpachtvertrag zusammen", sagt Günther. Dieser werde nun ebenfalls ausgehandelt und dann in der kommenden Stadtratssitzung im März besprochen. Nach Aussage verschiedener Stadträte öffentlich oder teilöffentlich.

Bleibt die Frage der Sanierung des Abseits-Gebäudes. "Das muss der Abseits-Verein übernehmen", sagt Hubert Hierl (CSU) und bricht eine Lanze für die auch vom Verein favorisierte Teillösung: "Eine Generalsanierung könnte der Verein gar nicht leisten und das ist auch gar nicht notwendig. Das Gebäude ist schließlich nicht marode, sondern hat eine solide Bausubstanz, wie sich gezeigt hat." Wie er selber abgestimmt habe? "Als Kulturreferent werbe ich natürlich für diese Entscheidung".

Die Förderung von Subkultur sei "eine preisgünstige Jugendförderung und eine gute Jugendpolitik", so Hierl: "Für den Lindenkeller muss man sich anmelden und Miete zahlen, da kommt keine Spontanität auf. Und das Jugendzentrum reicht nicht für den Bedarf in Freising." Als beschlossene Sache sieht Hierl (CSU) den Gebäudekauf indes noch nicht, man sei vielmehr "dem Kauf etwas näher gekommen".

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