Kleine Sensation in Neufahrn:Der erste Grüne auf dem Chefsessel

Die meisten Wähler wollen einen Neuanfang und entscheiden sich deshalb für Franz Heilmeier

Von Birgit Grundner

Kleine Sensation in Neufahrn: Franz Heilmeier ist erster Grünen-Bürgermeister im Landkreis. Seine Frau Claudia Bosse mag ihren Augen angesichts des deutlichen Ergebnisses kaum trauen.

Franz Heilmeier ist erster Grünen-Bürgermeister im Landkreis. Seine Frau Claudia Bosse mag ihren Augen angesichts des deutlichen Ergebnisses kaum trauen.

(Foto: Katharina Jaksch)

Premiere im Landkreis Freising: Erstmals gibt es einen grünen Bürgermeister. Die Neufahrner haben den 50-jährigen Pastoralreferenten Franz Heilmeier mit deutlicher Mehrheit zum neuen Rathauschef gewählt. Genau 59,01 Prozent der Stimmen hat er bekommen und damit seinen Vorsprung vor Konkurrent Thomas Seidenberger (Freie Wähler) in der Stichwahl noch einmal ordentlich ausgebaut.

Der Erfolg hatte sich früh abgezeichnet: Wie schon im ersten Durchgang vor 14 Tagen lag Heilmeier von Anfang an in Führung. Ein strahlendes Lächeln zeigte er da bereits, aber zu jubeln wagte er erst, als bei der Auszählung nur noch ein Stimmbezirk fehlte. Bis dahin hielt er sich auch mit öffentlichen Statements zurück. In der 70. Minute wolle er noch keine endgültige Prognose abgeben, sagte der aktive Fußballer. Schließlich war zu dem Zeitpunkt bereits bekannt, dass es auch diesmal besonders viele Briefwähler gab und deren Stimmen, die zum Schluss ausgezählt werden, hatten schon bei der Gemeinderatswahl vor zwei Wochen das Ergebnis spürbar verändert.

Als das Resultat dann feststand, gab es lang anhaltenden Applaus für den künftigen Bürgermeister. Dieser bedankte sich seinerseits in einer ersten Ansprache ganz staatsmännisch bei den Wählerinnen und Wählern, bei Seidenberger für einen "fairen Stichwahlkampf", bei der übrigen politischen Konkurrenz für ihren "Stil und ihr Verhalten", bei seiner Familie und dem Wahlkampfteam, das alles in allem eineinhalb Jahre Zeit und Energie in die Vorbereitungen gesteckt habe. Er freue sich auf den nun sehr "bunten" Gemeinderat und wolle parteiübergreifend gut zusammenarbeiten, kündigte Heilmeier an. Die Wahlbeteiligung war erneut niedrig und lag bei 43,1 Prozent. Aber viele Bürger hätten sich im Wahlkampf engagiert, auf sieben Listen hätten sich 150 Kandidaten beworben, betonte Heilmeier und er appellierte an diejenigen, die den Sprung in den Gemeinderat nicht geschafft haben, trotzdem "dranzubleiben" und "mitzumachen".

Zu den ersten Gratulanten gehörte der unterlegene Thomas Seidenberger, der nun Lehrer bleiben und sich weiter im Gemeinderat engagieren wird. Mit dem Ergebnis könne er "gut leben", versicherte er und fügte mit einem Schmunzeln an: "Der zweite Platz ist doch nicht schlecht." Die Grünen hätten einen engagierten Wahlkampf gemacht, stellte Seidenberger anerkennend fest. Das relativ deutliche Ergebnis erklärte er auch damit, dass er selbst eben schon 18 Jahre in der Politik sei und in dieser Zeit wohl auch Entscheidungen mitgetragen habe, die "nicht so gut angekommen" sind. Deutlicher wurden viele Beobachter, welche die Auszählung im Rathaus verfolgten. Seidenberger habe als Freier Wähler auch einen "Schneider"-Malus gehabt, hieß es mit Blick auf die zuletzt immer stärker werdende Kritik an Amtsinhaber Rainer Schneider.

"Der Wechsel ist erreicht", kommentierte Beate Frommhold-Buhl (SPD), die es nicht in die Stichwahl geschafft hatte, das Resultat. Die Sozialdemokraten hatten als einzige Gruppierung eine Wahlempfehlung für Heilmeier ausgesprochen. Andere hatten ihn indirekt unterstützt. Betretene Gesichter gab es dagegen bei vielen Freien Wählern, welche die Auszählung der Stimmen im Rathaus verfolgten. Weil Heilmeier jetzt Bürgermeister wird, kommt Katrin Bernhard doch noch in den Gemeinderat. Und es ist gut möglich, dass sie nicht die einzige Nachrückerin bleibt: Dem Vernehmen nach überlegt Heilmeiers Ehefrau Claudia Bosse, die Kreisvorsitzende der Grünen und Fraktionssprecherin im Kreistag ist, unter den neuen Voraussetzungen auf ihren Sitz im Gemeinderat zu verzichten. An diesem Montag soll das zunächst intern diskutiert werden. Sollte sie dem Gremium tatsächlich nicht mehr angehören, bekäme Selahattin Sen doch noch einmal eine Chance. Das politische Geschäft geht auch nach der Stichwahl weiter - aber am Sonntag wurde im "Viva" am Marktplatz erst einmal gefeiert.

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