Süddeutsche Zeitung

Kirchbergers Woche:Klimaschädliche Subventionen

Finanzielle Unterstützung des Autoverkehrs gehört abgeschafft

Kolumne von Johann Kirchberger

Eine Prämie bis zu 6000 Euro stellt die Bundesregierung für den Kauf eines Elektroautos in Aussicht. Ob das die Bereitschaft fördert, auf ein mit Diesel oder Benzin angetriebenes Auto zu verzichten, wird man sehen. Aber was ist mit denjenigen, die ganz auf ein Auto verzichten? Im Netz ist jüngst die Forderung nach einer "Kauf-gar-kein-Auto-Prämie" in Höhe von 5000 Euro aufgetaucht. Ein durchaus nachvollziehbarer Wunsch. Bekommen nicht auch Landwirte Geld dafür, wenn sie auf den Einsatz von Pestiziden auf ihren Feldern verzichten?

In Freising hat die kleine aber rührige ÖDP gefordert, Auto-Subventionen einzustellen. Gemeint sind damit insbesondere der Bau weiterer öffentlicher Parkhäuser und Tiefgaragen im Stadtgebiet. Zu allererst, so die ÖDP, solle von einem Parkhaus "Westliche Altstadt" Abstand genommen werden. In den vergangenen Jahren sei ein dreistelliger Millionen-Euro-Betrag in den Autoverkehr investiert worden, darunter der Bau von drei Groß-Parkgaragen rund um die Altstadt. Zudem würden hohe Summen für den Bau neuer Straßen ausgegeben. Stimmt, allein für die Westtangente werden die offiziellen Kosten jetzt mit 133,8 Millionen angegeben, und dabei, so hört man, wird es wohl nicht bleiben. Viel Geld also, mit dem der Autoverkehr subventioniert wird. Geld, das nach Ansicht der ÖDP die Freisinger Parkhaus- und Verkehrs-GmbH gut brauchen könnte, um Radwege anzulegen und den Busverkehr zu optimieren.

Doch wohin dann mit den vielen Autos? Fördert es wirklich die Bereitschaft auf das Fahrrad umzusteigen, wenn es im Zentrum keine Parkplätze mehr gibt? Langfristig vielleicht, kurzfristig aber, so ist zu befürchten, erhöht der Verzicht auf öffentliche Parkplätze das Bestreben, das Auto dann eben auf verbotenen Plätzen abzustellen, wobei etwaige Ordnungsgelder in Kauf genommen werden. Aber es gibt noch ein Problem, das den Bemühungen zuwiderläuft, den Individualverkehr aus dem Zentrum herauszuhalten. Die Stadt fordert weiterhin bei allen innenstädtischen Bauvorhaben den Nachweis von Stellplätzen. Das löst fast zwangsläufig den Bau von Tiefgaragen aus und sorgt damit für zusätzlichen Verkehr. Verkehr, den man in der Innenstadt eigentlich nicht haben will.

Aber was sind schon die gesamten Subventionen für den Autoverkehr angesichts der Subventionen für den Flugverkehr. Das Umweltbundesamt hat ausgerechnet, dass dem Staat durch den Verzicht auf eine Kerosinsteuer und den Verzicht auf die Mehrwertsteuer bei Auslandsflügen jährlich mehr als zwölf Milliarden Euro entgehen. Das gleiche Umweltbundesamt hat auch noch einmal auf die Folgen des Flugverkehrs für das Klima, die Umwelt und die Anwohner durch Lärm und Abgase hingewiesen. Es stimme zwar, dass derzeit nur etwa 2,5 Prozent des weltweiten CO₂-Ausstoßes auf den Flugverkehr zurückgehe, heißt es da. Aber die Triebwerke würden auch noch andere Klimakiller wie Methan und Lachgas in die Atmosphäre pusten, die in Reiseflughöhe zwei- bis dreimal schädlicher als am Boden seien. Unterm Strich sei damit der Luftverkehr mit fünf bis acht Prozent an der globalen Klimaerwärmung beteiligt.

Das allein ist eigentlich schon schlimm genug. Dass der Flugverkehr trotzdem noch mit so vielen Milliarden subventioniert wird, das ist ein Skandal.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4674116
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 09.11.2019
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.